Ein Mann mit vielen Eigenschaften
Andrej Kaminsky, geboren in Helsinki, aufgewachsen in Berlin, oft auch im TV zu sehen, startet mit „Du bist meine Mutter“am Theater Augsburg
Der Intendantenwechsel am Theater Augsburg hat nicht nur an der Spitze des Hauses, sondern auch im Ensemble für Wechsel gesorgt. In der Serie „Neu am Theater“stellen wir bis Ende Dezember jeweils dienstags einige der „Neuen“vor. Heute setzen wir die Serie mit Andrej Kaminsky, einem Schauspieler, der sich mit dem Einpersonenstück „Du bis meine Mutter“den Augsburgern vorstellt, fort.
Für das Gespräch kurvt er auf einem museumsreifen Fahrrad zum Treffpunkt. Andrej Kaminsky hat sich nur wenige Minuten verspätet, trotzdem entschuldigt er sich sofort. „Ich habe mich verfahren, kenne Augsburg noch nicht gut.“Kein Problem, schließlich hat der Mann im Moment sehr viel um die Ohren. Er musste eine Wohnung suchen, diese einrichten, einen Kindergartenplatz für Sohn Mars finden, denn Frau und Kind kommen von Berlin in die Fuggerstadt. Um das Leben des Mimen ja nicht langweilig werden zu lassen, stehen auch noch die Endproben für den Monolog „Du bist meine Mutter“auf dem Pro- Premiere ist am 13. Oktober im Hoffmannkeller. Entstanden ist das Stück am Theater Bonn, für zwei Jahre hat Kaminsky die Erlaubnis, das Stück von Joop Admiraal zu spielen.
Dabei geht es um einen Sohn, der seine an Demenz erkrankte Mutter Sonntag für Sonntag im Pflegeheim besucht. Kaminsky spielt sowohl die alte Frau wie den Sohn, hat den Text auch mit seiner Mutter „bearbeitet“, die jedoch nicht dement ist. Allerdings gibt es zwischen seiner Mutter und der im Stück sehr wohl Parallelen. Es ist eine Reise durch teils schmerzhafte Erinnerungen. Kaminskys Mutter, in der Ukraine geboren, hat beim Studium in Moskau ihren Mann kennengelernt, Familie wurden sie 1964 in Helsinki mit der Geburt des Sohnes Andrej.
Als langweilig kann man das Leben des Mimen wirklich nicht bezeichnen. Die Eltern waren Mitte der sechziger Jahre im diplomatischen Dienst der DDR, mit zwei Jahren ging es dann für Andrej, Mama und Papa zurück nach Ostberlin, wenn die Eltern ins Ausland gingen, kam das Kind zur Oma. „Ich war ein Diplomatenkind, ich habe alles gehabt“, so der 53-Jährige.
Und das Theater wurde schon für den Jugendlichen mehr als nur ein Hobby. „Ich mochte in den 1980er Jahren die Singegruppen und das DDR-typische Liedertheater.“Schon als Schüler hatte er einen Goethe-Abend mit Klavierbegleitung gestaltet. Von 1985 bis 1989 studierte er dann an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“in Berlin. „Es ist die beste Schule Deutschlands“, so der Mime. Sollte man ihm diesbezüglich im Süden der Republik heftig widersprechen – Andrej Kaminsky, der seinen Vornamen von seiner russischen Mutter bekam, hat damit kein Problem. Denn harmoniesüchtig wirkt er nicht. Seine erste Ehefrau war Polin, deren Familiennamen nahm er bei der Trauung an. Konventionell war er ebenfalls nie. Inzwischen ist er mit der 15 Jahre jüngeren Regisseurin Mareike Mikat verheiratet, ihr gemeinsamen Sohn heißt Mars. Angst, dass der Bub im Kindergarten vielleicht mit diesem Namen bebenplan. lächelt wird? „Nein, nein, das ist so ein schöner Name“, so Kaminsky.
Der Schauspieler, der sich als politischen Menschen begreift, der leidenschaftlich über die Umbrüche Deutschlands und über Verbitterung im Osten sprechen kann, steht oft auch vor der Kamera. Der gravierendste Unterschied zwischen der Arbeit auf der Bühne und bei Film und Fernsehen? „Letzteres wird bedeutend besser bezahlt.“Trotzdem freut sich Kaminsky auf Augsburg und die verschiedenen Spielstätten.
Übrigens legt er großen Wert darauf, dass sein Name richtig geschrieben wird. Verträge, in denen Filmfirmen darauf nicht achten, schickt er einfach ohne Kommentar zurück. Trotzdem kann er auf eine ziemlich lange Liste von Auftritten im TV zurückblicken, wie bei „Tatort“, „Polizeiruf 110“, „Großstadtrevier“oder im preisgekrönten Werk „Der Staat gegen Fritz Bauer“. Geht doch.
O„Du bist meine Mutter“am Freitag, 13. Oktober, um 20.30 Uhr im Hoffmannkeller, Karten unter Telefon 0821/3244900