Jetzt nur keine Hektik
Dieses Wochenendwetter schreit nach Gartenarbeit. Doch Fachleute denken um: Lieber die Sonne genießen und langsam machen. Das hat etwas mit Klimawandel, späten Wintern und unseren warmen Häusern zu tun
Eine alte Regel lautet: Spätestens am 1. November muss der Garten aufgeräumt sein. Das gilt längst als überholt. Und schon gar nicht bedeutet dies, dass jetzt alles abgeschnitten wird, was noch aus dem Boden hochragt. Im Gegenteil: Übereifer kann mehr Schaden als Schutz zur Folge haben.
Und darum geht es: Alles Leben im Garten soll vor Schäden durch Frost, Wind und Schneelast geschützt werden. Es geht jedoch nicht darum, nach dem Ende des Blühen und Wachsens den Garten gleich wie tot erscheinen zu lassen. Denn er lebt im Winter weiter. Diese Erkenntnis tragen schon seit einigen Jahren viele erfahrene Mitglieder in den heimischen Gartenbauvereinen weiter. Waltraud Egger vom Gartenbauverein Wehringen sagt daher zur Wettervorhersage von nahezu 20 Grad. „Ich werde den Garten genießen, weniger darin arbeiten.“
● Sie sind oft das Erste, was Hobbygärtner bei der Herbstarbeit wegräumen. Doch auch Peter Mannes vom Gartenbauverein Bobingen warnt: „Dafür ist es noch zu früh und in den Häusern zu warm.“Zumal das Herbstwetter in den kommenden Tagen mild bleiben werde. Experten raten zur schrittweisen Umgewöhnung der Kübelpflanzen. Wenn es wirklich kühl wird und erster Frost denkbar erscheint, die Töpfe erst einmal nahe ans Haus stellen, an geschützte Stellen. Bei Waltraud Egger ist das der Kellerabgang.
● Sind Pflanzen erst einmal im Keller, dann werde es ihnen in unseren energieoptimierten
„Ich mähe und lasse den Auffangkorb weg. Damit bleiben Gras und Laub kleingehäckselt liegen.“Waltraud Egger
Häusern auf Dauer zu warm, sagt Gartenexpertin Veronika Schreier aus Wehringen. Außerdem würden sie entweder zu viel oder zu wenig gegossen. Und auch Bernhard Frey, beim Landratsamt Augsburg zuständig für Gartenbau und Landschaftspflege, betont, dass Pflanzen im Keller vor Winterschäden kei- neswegs sicher seien: Hier drohen Krankheiten oder Wachstumsschäden. „Überwinterungspflanzen sollten sorgfältig ausgelichtet, zurückgeschnitten und befreit von allen welken Pflanzenteilen ins Haus geholt werde.“
Eine gewissenhafte Beseitigung der verwelkten Teile sei wichtig, da von hier aus viele der Schimmelkrankheiten hervorgehen, sagt er. Außerdem sollte man die einzelnen Pflanzen sorgfältig absuchen, bevor man sie ins Warme holt. Im Schutz des Hauses könnten sich Schädlinge „sonst plötzlich massenhaft ausbreiten“.
● Auch hier wandeln sich die Erfahrungen. Grundsätzlich gilt: Ja, jetzt ist Zeit für einen letzten Rasenschnitt und die Herbstdüngung. Waltraud Egger verbindet beides in einem Arbeitsgang: „Ich mähe und lasse den Auffangkorb weg. Damit bleiben Gras und Laub kleingehäckselt liegen.“Das dient dem Boden, hilft Regenwürmern und spart Arbeit. Sollten allerdings kleine Kinder noch einige Wochen den Garten stark nutzen können, empfiehlt sie diese Methode aus Gründen des Schmutzeintrags im Haus eher nicht.
Die Schnitthöhe des Rasens sollte jedenfalls nicht zu kurz sein, rät Horst Schulz aus Anhausen. Denn: „Wir haben keine so heftigen Winter mehr.“Immer wieder sei das Wetter vor allem nass, aber nicht kalt genug für Frost. Deshalb weiche der Boden schnell auf und wer sich dann auch nur auf den Weg durch den Garten zum Kompost mache, hinterlasse Spuren, die im Frühjahr sichtbar sind. „Das sieht dann nicht gut aus“, sagt der Vorstand des Gartenbauvereins.
● Klar, viel Laub kann ebenso wie zu langes Gras im Frühjahr auf dem Rasen erst einmal zu braunen Flecken führen. Doch auch hier sollte man bedenken: Alles im Garten kann und sollte dem natürlichen Kreislauf dienen, an dem Boden, Insekten, Vögel und Pflanzen beteiligt sind; zuweilen noch weitere Gäste, wie Igel. Veronika Schreier nutzt das Laub daher beispielsweise zum Schutz der Beete: „Im Frühjahr habe ich dann wie von selbst einen lockeren Boden.“Waltraud Egger kehrt Laub auch in einer Gartenecke zu einem Haufen zusammen. Darüber freuen sich Insekten und Igel, die den Winter ebenfalls gut überstehen sollen.
● Hier wird es komplex. Manches hängt von der einzelnen Pflanze ab und die Ratschläge gehen auseinander. Doch insgesamt scheint: Mancher Baum- und Strauchschnitt ist längst möglich, oft hat es hingegen bis zum Ende des Winters Zeit. Erste, zeitige Frühlingsblüher werden sogar erst nach der Blüte geschnitten. Waltraud Egger schneidet Sträucher wenig, bindet Schilf und Büsche über den Winter lieber mit Schnüren zusammen. „Wenn dann Reif und Schnee darauf liegen, schaut dies schöner aus als ein kahler Garten.“Außerdem seien Bienen und andere Insekten noch lange unterwegs. „Die freuen sich über alles, was noch steht.“Und Vögel würden den ganzen Winter über alte Samenstände als Futter nutzen. Auch das mache den Blick in den Garten dann schöner.
● Wer dieses Wochenende im Garten aktiv sein möchte, dem sei ein Blick auf die Gartengeräte empfohlen. Saubere Spaten, Laubrechen, Mäher und Kannen erleichtern den Neuanfang im Frühjahr und man kann sich im Freien aufhalten, bis es am Nachmittag Kaffee auf der Sonnenbank gibt.