Hier wohnen mehr Pferde als Menschen
Nur ein Schild zeigt den Weg zum Schwabmünchner Ortsteil Königshausen. Dort gibt es genau drei Häuser. Jasmin Weber und Thomas Müller lieben die Abgeschiedenheit – auch wenn sie Nachteile hat / Serie (5)
Der Besuch von Jasmin Weber und ihren Lebensgefährten Thomas Müller ist eine Herausforderung: „80 Prozent der Leute finden Königshausen nicht und fahren erst einmal drum herum“, sagt Weber. Der Schwabmünchner Ortsteil liegt alles andere als zentral – zwischen Leuthau und Schwabegg. Manch einer verwechselt laut Weber Königshausen auch mit dem 20 Minuten entfernten Könghausen, einem Ortsteil von Eppishausen. Finden die Besucher dann den kleinen Wegweiser, der Königshausen von Schwabmünchen kommend ankündigt, kommt die nächste Hürde: Der Ortsteil liegt nicht direkt an der Straße, sondern auf einem kleinen Berg. Hinauf geht es nur über Feldwege.
„Bevor ich meinen Freund kennengelernt habe, kannte ich den Ortsteil auch nicht“, sagt Weber. Die 25-Jährige ist in Graben aufgewachsen. Der Umzug nach Königshausen sei eine Umstellung für sie gewesen: „In Graben hatten wir zumindest noch einen Bäcker.“Der kommt in Königshausen nur dienstags, fährt aber nicht den Berg hinauf. Außer dem Postboten und ab und zu Besuch würde kaum jemand direkt zu den Anwesen kommen, sagt das Paar. Die angrenzende Straße benutzen dagegen mehr Menschen – zum Beispiel als Abkürzung nach Schwabegg. „Die fahren oft mit einem Karacho entlang. Da gab es schon öfter Unfälle“, erzählt Weber. An der Straße ist auch die Haltestelle des Rufbusses. „Ohne Auto geht aber nichts“, sagt Weber. Fünf Minuten benötigt man nach Schwabmünchen. Das sei von der Entfernung her völlig in Ordnung.
Drei Häuser gehören laut Müller zu Königshausen, zwei davon sind bewohnt. „Es müssten momentan elf Menschen hier wohnen“, zählt der 26-Jährige auf. Pferde gibt es mehr. Allein der Hof von Müller hat 20 Pferde. Zählt man alle Tiere zusammen, gibt es circa 100. Die Zahl schließt die Pferde des angrenzenden Reiterhofes mit ein. Dieser hat zwar auch eine Königshauser Hausnummer, gehört laut Müller aber zu Leuthau. Seine Familie lebt seit ungefähr 100 Jahren in Königshausen. Früher hatten sie Kühe auf dem Hof, jetzt seien es die Pferde.
Das Paar genießt mit ihrer zweijährigen Tochter die Abgeschiedenheit: „Wir können praktisch machen, was wir wollen, zum Beispiel sonntags laut sein.“Vor allem für ihre Tochter sei so viel Natur perfekt, sagt Weber. „Die Kleine liebt die Pferde. Wir gehen bei jedem Wetter raus.“Auf dem Dorf dürfe man eben nicht etepetete sein.
Auf den Ausblick von ihrem Balkon sind die beiden besonders stolz. „Wir müssen an Silvester eigentlich kein eigenes Feuerwerk kaufen, weil wir alle anderen sehen.“Karten für das Singoldsand-Festival müssen sie sich auch nicht kaufen: Auf dem Berg hören sie jedes einzelne Wort. Das Paar kann auf dem Balkon nicht nur Schwabmünchen überblicken, sondern hat auch einen Panoramablick auf die Berge. Im Winter könne man bei sehr gutem Wetter mit einem Fernglas sogar die Skifahrer beobachten, sagt Müller.
Dass das Leben in einem abgelegenen Ortsteil auch Nachteile mit sich bringt, mussten die beiden bei der Internetverbindung feststellen. Es sei für den Anbieter nicht rentabel gewesen, die Internetleitung bis nach Königshausen zu verlegen. Weber und Müller müssen deshalb über Funk ins Internet gehen. „Das funktioniert super, ist nur deutlich teurer“, sagt Weber.
Obwohl sie die Abgeschiedenheit genießen, wünscht sich das Paar zwei bis drei Häuser mehr in Königshausen. „Ich kenne auch einige Leute, die hier gerne bauen würden“, erzählt Müller. Das Problem sei jedoch, dass man nur bauen dürfe, wenn man eine Landwirtschaft
hat. Einmal im Jahr vervielfacht sich die Zahl der Menschen in und um Königshausen rasant. Dann ist beim Reit- und Fahrverein Schwabmünchen zwei Tage lang ein Reitturnier. „Es ist unbeschreiblich, wie viele Menschen dann herumlaufen.“Die Besucher würden überall parken. „Das ist das einzige Event, zu dem wir laufen können“, sagt Weber.
Das Leben in Königshausen sei eben anders als in der Stadt, erklärt ihr Lebensgefährte. Sie seien jedoch nicht so abgeschieden wie manch andere Ortsteile: „Wir haben zumindest ein Handynetz.“