Wenn der Ausflug an der Treppe endet
Barrierefreiheit ist mehr als Lift und Rampe. Die Behindertenbeauftragte des Landkreises hat mit ihrem Team eine Übersicht erstellt, wo mit Einschränkungen zu rechnen ist
Beschwerlich ist für Rollstuhlfahrer und Menschen mit Geheinschränkung der Weg zum Naturpark-Haus Oberschönenfeld. Es geht über Kopfsteinpflaster und Kies. Nach der etwas schwergängigen Eingangstüre ist für sie dann schon Schluss: Rollstuhlfahrer können die Ausstellung nicht besichtigen, da sie sich im ersten und zweiten Stock befindet und das Haus keinen Aufzug hat.
Für Eva Kurdas ist das ein Problem. Sie sitzt zwar selbst nicht im Rollstuhl, weiß aber als Behindertenbeauftragte des Landkreises Augsburg, mit welchen Einschränkungen Menschen mit Behinderung im Freizeitangebot leben müssen. Zusammen mit der Audit-Gruppe „Barrierefreier Landkreis“hat Kurdas fünf Museen im Landkreis Augsburg auf Barrierefreiheit überprüft. Darunter sind das Ballonmuseum Gersthofen, das Klostermühlenmuseum in Thierhaupten, das Naturpark-Haus in Oberschönenfeld, Museum und Galerie Schwabmünchen und das Naturmuseum Königsbrunn. Das Ergebnis ist ein barrierefreier Museumsführer auf der Internetseite des Landratsamts.
Für das Naturpark-Haus etwa hat die Gruppe festgehalten, dass Blindenführerhunde erlaubt sind. Zu empfehlen sei blinden Menschen der Besuch mit persönlicher Assistenz. Es gebe abtastbare Exponate, Fühl- und Hörstationen. Viele Erläuterungstexte sind für sehbehinderte Menschen gut zu lesen, weil sie groß geschrieben sind. Auch gehörlose Menschen kommen nicht zu kurz: „Es wird viel fürs Auge geboten“, heißt es im Führer.
Auf Anfrage biete die Leitung eine spezielle Führung mit einem begleitenden Gebärdensprachdolmetscher an. Schwerhörigen Besuchern werde auf Anfrage eine mobile Höranlage zur Verfügung gestellt. Die Ausstellung sei großzügig angelegt und mit einem Rollator gut zu befahren. Die Räume seien jedoch nur über eine relativ steile und schmale Treppe zu erreichen.
Nebenan im Schwäbischen Volkskundemuseum wird derzeit die Dauerausstellung im ehemaligen Ochsenstall abgebaut und völlig neu konzipiert. Wenn sie im Sommer 2018 wieder eröffnet wird, soll sie auch barrierefrei erreichbar sein.
Im Gersthofer Ballonmuseum gebe es eine auf Blinde abgestimmte Führung. Sowohl Erklärtexte als auch der Taschenbuch-Museumsführer seien in kleiner Schrift bedruckt, das sollten Menschen mit Seheinschränkung wissen, heißt es weiter. Wer mit Stock oder Rollator unterwegs ist, für den ist es interessant zu wissen, dass alle Stockwerke im Gebäude mit einem Aufzug zu erreichen sind. Weil die Räume großzügig geschnitten sind, gebe es dementsprechend längere Wege. Um das Herz der Ausstellung, einen großen Heißluftballon, führt eine breite Rampe: Die 15 Prozent Steigung machen es für Rollstuhlfahrer aber schwer, nach oben zu kommen.
Eine weitere Hürde bietet der ursprüngliche Kern des Museums, die Sammlung des Ballonfahrers Alfred Eckert. Diese ist nämlich im ehemaligen Wasserturm untergebracht, der nur über eine steile Treppe zugänglich ist. Wie der Museumsleiter Thomas Wiercinski im Gersthofer Kulturausschuss ankündigte, soll es im Untergeschoss am Eingang zum Turm künftig ein Terminal geben, an dem ein virtueller Spaziergang durch die Eckert-Ausstellung möglich ist.
„Bisher“, sagt Kurdas, „gibt es im Landkreis wenig Möglichkeiten, sich vor einem Besuch über die örtlichen Begebenheiten zu informieren.“Der neue Museumsführer sei so mehr als ein Steckbrief, mehr als Öffnungszeiten, Eintrittspreise oder rein inhaltliche Beschreibung. „Für Menschen mit Behinderung gibt es spezielle Hinweise, worauf es vor Ort zu achten gilt“, sagt Kurdas. Sie betont, dass nicht nur Rollstuhlfahrer davon profitieren, sondern sich auch gehörlose, schwerhörige, sehbehinderte und blinde Menschen angesprochen fühlen sollen.
Die Audit-Gruppe, die sich mit dem Thema befasst, berät seit mittlerweile zwei Jahren bei Baumaßnahmen und ist bei Ortsbegehungen dabei. Der Museumsführer entstand innerhalb des Projekts „Barrierefreie Ausflugsziele“. Für Landrat Martin Sailer ist das digitale Angebot ein „wichtiger Mosaikstein für die Sozialpolitik.“