Happy End – aber nur mit Mehrheit
So ist das nun mal im Theater: Man sitzt im Saal und schaut zu, was auf der Bühne passiert. Das berührt, erschreckt, stößt ab oder amüsiert, aber als Zuschauer ist man doch zur Passivität verdammt, muss das hinnehmen, was einem der Autor vorgibt. Wie unbefriedigend in Zeiten, in denen die Interaktivität so groß beschworen wird, in denen man gerne Knöpfchen drückt, über Displays wischt und zu allem seinen Kommentar geben kann! Wie gut, dass wenigstens Ferdinand von Schirach das Publikum mit seinem Theaterstück „Terror“von dieser Untätigkeit befreit hat und es über Schuld oder Unschuld seines Helden entscheiden lässt.
Auch im Theater Augsburg sollen die Zuschauer jetzt mehr Gestaltungsspielraum bekommen. Im Ballett „Schwanensee“in der Choreografie des neuen Ballettdirektors Ricardo Fernando. Das Publikum hat es bei jeder Vorstellung in der Hand, ob das Stück tragisch endet oder glücklich ausgeht. Kommen Siegfried und Odette zu Tode oder gewinnen sie den Kampf gegen den bösen Zauberer Rotbart, der die Prinzessin in einen Schwan verwandelt hat? In Augsburg ist dies nun eine Frage von Mehrheiten.
Eine lustige und originelle Idee und wir freuen uns schon auf hitzige Diskussionen in der Pause. Wer dann das in seinen Augen falsche Ende gesehen hat, kann ja noch einmal eine Vorstellung besuchen und auf einen anderen Ausgang hoffen. Ob daran jemand beim Theater gedacht hat?
*** „Intermezzo“ist unsere KulturKolumne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefallen ist.