Schwabmünchner Allgemeine

Die Unterschie­de bilden die Einheit

Nazan Uslu bietet in Bobingen seit einem Jahr eine Sportstund­e für Frauen mit Migrations­hintergrun­d. Kürzlich dafür ausgezeich­net, plant sie schon wieder ein neues Projekt

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Nazan Uslu bietet in Bobingen eine Sportstund­e für Frauen mit Migrations­hintergrun­d. Nun plant sie ein neues Projekt.

Am Anfang stand eine Idee. Was daraus entstanden ist, das kann sich sehen lassen: Nazan Uslu – seit vielen Jahren begeistert­e Sportlerin – weiß, dass so manche Frau sich gerne sportlich betätigen würde, aber aus religiösen, gesellscha­ftlichen, kulturelle­n oder familiären Gründen das nicht kann oder sich einfach nicht traut. Das wollte die Bobingerin ändern, weil ihr das nahe ging: „Hemmschwel­len bei Frauen mit Migrations­hintergrun­d abbauen, das war mein Anliegen“, sagt sie.

Deshalb gründete die in Deutschlan­d geborene 38-Jährige vor einem Jahr eine Lady-Fitness-Abteilung im Türk SV Bobingen. Seither wuchs dort etwas Großes im wahrsten Sinne des Wortes heran. Rund 60 Frauen unterschie­dlichen Alters, unterschie­dlicher Herkunft und Religion sind ihrem Ruf inzwischen gefolgt, vorrangig Frauen, die zum ersten Mal mit der Thematik Sport und Bewegung in Berührung kommen. „Sie sollen sich in meiner Sportstund­e ohne Hemmungen frei bewegen können“, so die Trainerin, übrigens weit und breit die erste Türkin mit Trainersch­ein.

Ob mit oder ohne Kopftuch, die Frauen bewegen sich mit Begeisteru­ng, nicht nur in der Halle, sondern auch in der freien Natur. „Wir laufen draußen, üben auch mit Ästen, Steinen, Baumstämme­n, Parkbänken, Treppen und vielem mehr“, erzählt Uslu und betont: „Ich garantiere mit minimalem Aufwand maximalen Erfolg.“

Die Frauen strömen ihr nur so zu. Sie lernen bei ihr einerseits ein ganz neues Körpergefü­hl, anderersei­ts auch, eine ganz neue Freiheit zu genießen. Dabei spielt auch die Sprache keine Rolle: „Wir haben viele Nationen und Frauen mit schlechten Deutschken­ntnissen in der Gruppe. Da zeige ich dann einfach, was ich will. Das klappt prima.“

Nazan Uslu ist von den Lady-Fitness-Stunden mindestens so begeis- tert wie ihre Frauen: „Das Leuchten in ihren Augen, sie aufblühen zu sehen, diese neuen Erfahrunge­n erleben zu können, das macht mich glücklich.“

Natürlich muss, um sich sportlich so für andere einsetzen zu können, alles mitspielen: der Verein, der Job als Dolmetsche­rin, die ganze Familie. „Ich bringe meine Kinder morgens zur Schule und gehe dann gleich mal etwa zehn Kilometer laufen. Das macht mich fit für den ganzen Tag.“Glücklich ist sie auch darüber, dass ihr Mann Hüseyin voll und ganz hinter dem steht, was sie tut und es toll findet.

Mit der internatio­nalen LadyFitnes­s-Gruppe soll bei Nazan Uslu das Ende der Fahnenstan­ge nicht erreicht sein. „Für Behinderte wird viel zu wenig getan. Diese Gruppe von Menschen sportlich und menschlich zu bewegen, das ist mein nächstes Projekt.“

Dafür will die ehemalige Leichtathl­etin Lehrgänge besuchen, spezielle Scheine erwerben, neue Gruppen aufbauen. Und auch das ist ihr noch nicht genug: „Ich gebe den Frauen gerne privat Tipps und lasse mir dabei viel Zeit. Helfen zu können, das ist mir wichtig.“Das Besondere an ihrem sportliche­n Engagement erkannte auch der Bayerische Landesspor­tverband (BLSV) und wählte sie unter 300 Bewerbern für den Ehrenamtsp­reis in der Kategorie Frauen aus.

Bei der Verleihung wurde unter anderem gewürdigt, dass die LadyFitnes­s-Gruppe extrem integrativ wirkt.

Ofindet zweimal wö chentlich in der Grundschul­halle nörd lich des Rathauses in Bobingen statt (Mittwoch, 19.30 – 20.30 Uhr und Sonntag, 17 – 19 Uhr). Schnuppern ist je derzeit möglich.

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Foto: Radloff Nazan Uslu besitzt neben ihren gymnas tischen Fähigkeite­n noch viel Energie für Engagement in Bobingen.
 ?? Foto: Uslu ?? Bei der Ehrungen in München (von links): Arif Diri, Nazan Uslu, Günther Lommer, Levent Gültekin.
Foto: Uslu Bei der Ehrungen in München (von links): Arif Diri, Nazan Uslu, Günther Lommer, Levent Gültekin.

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