Sie kamen durch Werbefilm für die Heimat
In Berlin tauchten 7000 Juden unter. Ohne Helfer hätte keiner überlebt Joseph Vilsmaiers „Bayern – sagenhaft“
1943 wurde Berlin offiziell für „judenrein“erklärt. Wer nicht längst sein Heil in der Flucht gesucht hatte, war deportiert worden. Aber es gab auch einige, zumeist junge Juden, die sich in ihrer Heimatstadt den Verfolgern gegenüber unsichtbar machten. Cioma Schönhaus (Max Mauff) übernachtet täglich in einem anderen Domizil, das er über die zentrale Zimmervermittlung ausfindig gemacht hat. Schließlich trifft er auf eine Vermieterin, die sein Problem erkennt und ihn nicht offiziell meldet. Andere Leidensgenossen wählen andere Überlebensstrategien. Immer müssen sie sich irgendwann Fremden offenbaren. Überraschend häufig treffen sie dabei auf Menschen, die ihr Gewissen nicht über Bord geworfen haben.
Etwa 7000 Juden wählten in Berlin bis 1945 ein Leben im Untergrund. Nur 1500 von ihnen überlebten. Viele wurden entdeckt, sie wurden verraten oder sie starben, weil ihnen bei Bombenangriffen die Schutzeinrichtungen verwehrt blieben. Die Überlebenden fanden rettende Engel, Normalbürger zumeist, aber auch hohe Staatsbeamte und selbst Wehrmachtsoffiziere, die so ihren Abscheu gegenüber dem Regime zum Ausdruck brachten.
Die Versteckten begnügten sich häufig nicht damit, unter dem Radar zu bleiben. Oft leisteten sie aktiven Widerstand. All das zeigt „Die Unsichtbaren“. Claus Räfle montiert in dem Dokudrama Interviews, Originalaufnahmen und nachgespielte Szenen zu einer beeindruckenden Ode an den Überlebenswillen auf der einen Seite und zwischenmenschliche Hilfsbereitschaft auf der anderen. Die vier Protagonisten haben allesamt reale Vorbilder, die zu Wort kommen und in eine Zeit zurückreisen, in der sie in permanenter Todesangst lebten. Manche hatten nur Glück, ohne ihre heldenhaften Helfer aber hätte keiner überlebt. Ihnen ist der Film gewidmet.
(1 Std. 50 Min.), Dokumentarfilm, Deutschland 2017
★★★★✩ Zu Beginn schwebt die Kabarettistin Monika Gruber als Astronautin im Weltall und will endlich zurückkehren auf die bayerische Weltkugel mit den sieben Regierungsbezirken alias Kontinenten. Was Gruber dort erlebt, ist „sagenhaft“, wie sie nicht müde wird zu betonen. Fröhliche Menschen in Tracht, Blasmusik und das Bier, das goldgelb im Maßkrug leuchtet. Dazu Berge und Seen aus der Vogelperspektive sowie Feste, Freiluftspektakel und Traditionen. Der Drachenstich in Furth, die Fronleichnamsprozession am Staffelsee, Wallfahrer in Altötting. Heimatminister Markus Söder (CSU) sagt freudig: „Bayern ist das schönste Land der Welt, und da sind wir froh, dass das unsere Heimat ist.“
Schon 2012 hatte Joseph Vilsmaier seiner Heimat eine Liebeserklärung gemacht mit dem Film „Bavaria – Traumreise durch Bayern“. In „Bayern – sagenhaft“fehlt jedoch ein roter Faden. Der Film springt hin und her, mal geht es um den Fasching, mal um den ebenso geliebten wie verhassten Franz Josef Strauß, dann wieder um hochtechnologische Errungenschaften. Vilsmaier liebt seine Heimat, doch im Film schießt die Heimatverbundenheit übers Ziel hinaus, vor allem wenn Technik und Industrie in PR-Manier gerühmt werden. (1 Std. 31 Min.), Dokumentarfilm, Deutschland 2017 ★★✩✩✩