Abschied von der Kreidezeit
Der digitale Wandel geht rasend schnell. Können Lehrer und Schulen da mithalten?
Die Zeiten grüner Tafeln und weißer Kreide nähern sich ihrem Ende. Längst werden sie von weißen Tafeln mit bunten Stiften abgelöst – den sogenannten „Whiteboards“. Dabei geht es nicht nur um einen einfachen Farbwechsel, sondern um die Eröffnung ganz neuer Möglichkeiten. Die weiße Tafel kann nämlich auch dazu genutzt werden, um mit dem Beamer Inhalte vom Bildschirm des Computers direkt auf eine größere Fläche zu projizieren. In Bobingen gibt es schon die nächste Generation: Die Tafel ist bereits ein interaktives Großdisplay.
Der digitale Wandel geht gerade beim Thema „Schule und Bildung“rasend schnell. Ein Musterbeispiel hierfür ist das seit 2015 bezogene neue Schmuttertal-Gymnasium in Diedorf. Dort fand der 14. Schwäbische Schulentwicklungstag statt. Das Motto der Veranstaltung: „Alles 4.0? Lernen und Lehren im digitalen Wandel“.
Schulleiter Günter Manhardt eröffnete den Tag vor rund 500 Besuchern und machte klar: Tafelbilder und Tageslichtprojektoren – wie sie älteren Generationen noch aus ihrer Schulzeit vertraut sind – werden längst von Computern und Dokumentenkameras in den Klassenzimmern abgelöst. Das Internet spiele eine große Rolle. Die Entwicklung schreite schneller voran, als die Schulen mithalten könnten. Man dürfe nicht hinterherhängen, denn: „Die Kreidezeit ist vorbei.“Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich (CSU) betonte die Bedeutung des digitalen Lehrens und Lernens an den Schulen. Es gehe nicht nur darum, Informatik und Tastschreiben zu unterrichten, erklärte Eisenreich. Die Digitalisierung sei ein Thema, das alle Jahrgänge und Fächer übergreife, es ermögliche ein „vernetztes Arbeiten.“Zu den grundlegenden Dingen wie dem Lesen, Rechnen und Schreiben gehöre nun das Zurechtfinden in den Informationsund Kommunikationstechnologien dazu. Die Schüler müssten mit der digitalen Welt umgehen können und lernen, „dass auch Google nicht immer recht hat.“Deswegen sind gerade die Lehrer laut Eisenreich von noch größerer Bedeutung als früher, denn Pädagogik und Technik müssen zusammenarbeiten.
So ähnlich drückte es auch Astrid Carolus von der Universität Würzburg aus. Das Fazit der Rede der Medienpsychologin: „Lernen am Computer funktioniert, wenn man Off- und Onlinemedien kombiniert. Mit den richtigen Lehrern funktioniert die digitalisierte Schule.“In den Augen Carolus’ führen die digitalen Medien „ein Eigenleben“, das bestimmt ist von ständiger Verfügbarkeit, Anonymität, Interaktivität.
Gerade Jugendliche nutzen das Internet zur Selbst- und Identitätsfindung, sie stellen sich selbst in den sozialen Netzwerken dar. Dabei gezeigt werden Ausschnitte der Realität, nur „kleine Teile von ‚Echt‘“– jedes Foto ist perfekt, ständig scheinen die Nutzer im Urlaub und von Freunden umgeben zu sein. Das kann zu Irritationen beim Betrachter führen: Warum ist das eigene Leben nicht so makellos toll wie das der anderen? Unter anderem, um solche Selbstinszenierung zu begreifen und damit umgehen zu können, sind für die Jugendlichen „Medienkompetenzen nötig“, sagte Carolus.