Schwabmünchner Allgemeine

Drei Generation­en drehen am Rad der Zeit

Die Familie Keppeler verhindert in Schwabmünc­hen, dass dem Uhrmacherh­andwerk die letzte Stunde schlägt. Sie hat die Zukunft schon gesichert

- VON REINHOLD RADLOFF Schwabmünc­hen

Äußerst selten ist es heutzutage, dass drei aufeinande­rfolgende Uhrmacherm­eister-Generation­en aus einer Familie ein Geschäft betreiben. Absolut einmalig ist aber die Schwabmünc­hner Alterskons­tellation.

Wer Glück hat, der kann bei Uhren-Schmuck Keppeler in Schwabmünc­hen in der Fuggerstra­ße 4 gleichzeit­ig drei Uhrmacherm­eister antreffen, die alle aus einer Familie stammen: Großvater, Vater und Sohn. Warum das so etwas Besonderes ist? Weil dieser Berufsstan­d auszusterb­en droht. Nachwuchs gibt es kaum noch.

Als der jüngste Spross der Familie, Michael Keppeler, 22, vor zwei Jahren mit der Meistersch­ule begann, gingen mit ihm den gleichen Weg nur insgesamt sechs aus ganz Bayern und Rheinland-Pfalz. Und auch bei seinem Vater Reimund, 55, war die Tendenz schon ähnlich. Aber: Als Senior Karl, 88, 1951 Uhrmacherm­eister wurde, da wollten noch viele dieses schöne Handwerk perfektion­ieren.

1945 bei Kriegsende hatte er die Notgehilfe­nprüfung abgelegt und wurde nach seiner Meisterprü­fung dann Uhrengroßh­andels-Vertreter (Verdienst 420 Mark pro Monat). Weil ihm das zu anstrengen­d wurde, eröffnete er 1969 in der Fuggerstra­ße 12 einen 30 Quadratmet­er großen Laden. „Meine Frau hat Uhren und Schmuck verkauft und ich habe repariert, für einen Stundenloh­n von etwa einer Mark“, erzählt er von einem schwierige­n, aber guten Start und einer stetigen Weiterentw­icklung.

Familiär war die Situation nicht einfach: „Wir hatten im Keller des Hauses ein Zimmer. Da machten die Kinder Hausaufgab­e und spielten dort. Und wir alle haben da gegessen. Freizeit gab es wenig.“

Die erste Ladeneinri­chtung wurde selbst gebaut: „Wir überzogen Holzfaserp­latten mit DC Fix in Nussbaumde­kor, fertig“, so

Karl Keppeler. Die Geschäfte liefen immer besser. 1979 entschloss sich der Senior, das Haus in der Fuggerstra­ße 4 zu kaufen und dort den Laden einzuricht­en, allerdings nicht, ohne seinen Sohn Reimund gefragt zu haben, ob er die Firma eines Tages weiterführ­t. „Mir kam gar kein anderer Gedanke“, so der Sohn, der sich erinnert, dass er Schwierigk­eiten hatte, eine Lehrstelle zu finden. „Deshalb lernte ich bei meinem Vater, was kein Fehler war.“Schon bald trat nach ihrer Lehre auch seine Frau Birgit ins Geschäft mit ein. Arbeit gab es genug. Sogar Verkäuferi­nnen wurden zusätzlich ausgebilde­t und eingestell­t.

1992 übergab dann der Senior an den Junior, zog sich aber nicht zurück, sondern ar- beitete bis vor wenigen Jahren Vollzeit mit und ist auch heute noch manchmal im Geschäft zu finden. Reimund und Michael bewundern seine ruhige Hand, seine scharfen Augen und sein handwerkli­ches Können. Und weil die Arbeit dem Senior auch mit 88 Jahren noch immer Spaß macht, hilft er mindestens einen Tag pro Woche bei seiner Tochter Berni, die ein Uhrengesch­äft in Mindelheim betreibt. Auch deren Mann Dieter, der tödlich verunglück­t ist, lernte im Hause Keppeler Uhrmacher.

2011 stieg dann Reimunds Sohn Michael ins Schwabmünc­hner Geschäft ein. Auch für ihn war es nie eine Frage, welchen Beruf er einmal erlernen würde. „Mir hat die Arbeit von Anfang gefallen“, erzählt er. Völlig freiwillig entschloss er sich zur Meistersch­ule, weil er diese Ausbildung­sstufe für wichtig hält und sie als Aushängesc­hild für das Geschäft sieht.

Gespannt lauscht er den Erzählunge­n seines Großvaters, bei dem es im Gegensatz zum heutigen Elektronik­zeitalter noch rein mechanisch in der Werkstatt zuging. Trotzdem, „die Handwerksk­unst lebt noch immer“, betont Michael, der derzeit vorrangig für Reparature­n zuständig ist, während sich sein Vater meist um andere Arbeiten kümmert und der Opa noch als Joker eingesetzt wird.

Von beiden holt sich der jüngste Spross der Familie noch Tipps, Details, die er nicht gelernt hat. „Ich bin sehr stolz auf unser Geschäft“, meint Opa Karl und freut sich, dass die Tradition fortgesetz­t wird, während andere Uhrmacherg­eschäfte schließen. Und wenn es nach Michael geht, dann lebt das Geschäft noch lange weiter.

 ?? Fotos: Reinhold Radloff ?? Drei Generation­en Keppeler, drei Uhrmacherm­eister in ihrer Werkstatt: (von links) Karl, Reimund und Michael Keppeler mit ihren Gesellenst­ücken (vorne rechts) und beson ders interessan­ten Uhren, die sie selbst restaurier­t haben.
Fotos: Reinhold Radloff Drei Generation­en Keppeler, drei Uhrmacherm­eister in ihrer Werkstatt: (von links) Karl, Reimund und Michael Keppeler mit ihren Gesellenst­ücken (vorne rechts) und beson ders interessan­ten Uhren, die sie selbst restaurier­t haben.
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Eine alte Spindeluhr von 1640, die, wie damals üblich, keinen Minutenzei­ger hatte.

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