Der Mann ohne Vornamen
Bernhard Blöchl liest in Schwabmünchen aus seinem quietschgelben Buch mit einem sperrigen Titel
Kann die Sonne einem aus dem Hintern scheinen? Es kommt darauf an. Bernhard Blöchl gelingt so manches, vor allem in Satzform und in imaginären Bildern. Bei seiner Lesung in der Buchhandlung Schmid in Schwabmünchen faszinierte er schon mit dem Prolog, und keiner wagte mehr, den Raum zu verlassen. Doch den eigentlichen Türöffner spielte das Folk-Duo Oak Hill Road.
Musik, bevor es losgeht. Das ist ein bewährtes Prinzip, das auch in Bayerns Buchhandlung des Jahres funktionierte, vor allem deshalb, weil sie gut war. Zwei Augsburger Gitarristen und Interpreten sangen und spielten sich schon mit den ersten warmen Klängen in die Herzen des Publikums.
Dann Bernhard Blöchl, in T-Shirt und Turnschuhen, ein wenig locker, ein wenig schüchtern, ein wenig spitzbübisch, ein wenig Literaturwissenschaftler, ein wenig der nette Junge von nebenan, Fußballfan.
Und er beginnt zu lesen, den Prolog seines Werkes mit dem knorrig, markigen und sperrigen Titel: „Im Regen erwartet niemand, dass dir die Sonne aus dem Hintern scheint.“Der quietschgelbe Umschlag passt dazu, und der alte Ford Transit verrät schon viel über den Inhalt. Das Buch ist ein Reise-Roman aber keiner der üblichen Sorte, auch wenn es darin um Herz, Schmerz und Landschaft geht. Es ist das „Wohlfühlbuch“von Hans Grünthaler, dem Chef der Buchhandlung.
Knoppke, der Mann ohne Vornamen, der Frauennichtversteher, der Gefühlstrampel, er liebt Fußball, bringt alles damit in Verbindung, ist Security-Steward im Bayern-Stadion in München. Als er seine Freundin Silvi mit einem anderen ertappt, kotzt ihn sein Leben an, beschließt, daraus auszubrechen und fährt Richtung Schottland in seinem Transit, in dem er, warum auch immer, die junge Frau Sam findet.
Und die ist so ganz anders als er: trickreich, voller Lebensmut, alternativ. Irgendwie findet er durch sie wieder dazu, dass er vom Leben mal wieder was will, sich wieder was traut, wieder Gefühle entwickelt, wieder Spaß hat, wenn auch auf besondere Weise. Und dann ist da noch Sams Geheimnis, das vielleicht auch ihn betrifft.
Während Blöchl so liest, erzählt und erklärt, ist es entweder mucksmäuschenstill im Publikum oder es huschen Lacher durch die Buchhandlung.
Da entstehen Bilder in den Köpfen, laufen kleine Filme ab, die Sprache Blöchls fördert das. Er liebt seine Sätze, formt sie mit Bedacht, sucht ungewöhnliche Wortkompositionen, hasst Floskeln, achtet auf eine Mischung aus gefällig und kunstvoll.
Und wie viel Autobiografie steckt in seinem Buch? „Schon“, sagt er, aber er liebt auch seine anderen Figuren, die er teilweise aus lebenden Personen weiterentwickelt, die er auch aus seinen vielen SchottlandUrlauben mitgebracht hat. Eineinhalb Jahre schrieb der Münchner an dem Nachfolgewerk von „Für immer Juli“. Und das nächste Projekt? Steht in den Sternen, beruflich bedingt.
Wer aber jetzt schon noch mehr
von Bernhard Blöchl lesen will: Seine Homepage ist ein Schatzkästchen, vor allem für spezielle und interessante Sätze, ein „Museum der schönen Sätze“, wie er sagt.
Zum Schluss wieder Musik. Florian Hirle und Helmuth Baumann, ihre selbst geschriebene Musik passt perfekt zum Buch, ihr Utensilienkoffer sieht aus wie eine Requisite zur Reise Knoppkes. Alles passt. Und nicht nur Hans Grünthaler ist begeistert.