Neues Leben für alte Schmöker
Erika Pendzialek und Marianne Schmid basteln Kunst aus Büchern. Der Erlös geht an ein westbengalisches Dorf
Bücher sind die Vermittler von Geschichte(n): Sie berichten über historische Ereignisse, erzählen Biografien oder entführen ihre Leser von Seite zu Seite in Fantasiewelten. Doch sind sie einmal gelesen, stellt sich für die meisten die Frage: wohin damit?
Erika Pendzialek und Marianne Schmid hatten da eine Idee. Sie machen aus alten Schmökern Kunst. Dafür brauchen sie nicht einmal viele Utensilien, nur Bücher und manchmal eine Schere. Denn die Frauen falten die Seiten und machen daraus kleine Raritäten, die sie verkaufen. Der Erlös geht an den Schwabmünchner Förderverein Westbengalische Dörfer, der jedes Jahr beim Bücherbasar in Buchloe aushilft und bei dem Pendzialek Beisitzerin und Schmid Mitglied ist.
Die Sammlung der Frauen kann sich sehen lassen. Es gibt unter anderem Tannenbäume, Sterne, Herzen, Igel und Katzen. Bisher ist Weihnachtsdekoration entstanden. Doch „in Zukunft wollen wir mehr Alltagssachen basteln“, sagt Schmid, die in Hiltenfingen lebt. Auch ihre 14-jährige Enkelin Emma hilft schon fleißig mit. Einen Abend lang arbeiten sie an einem Projekt, manchmal auch zwei, je nach Aufwand. Doch dafür nehmen sich die beiden Rentnerinnen gerne Zeit, denn „es macht total Spaß“, findet Pendzialek.
Die Schwabmünchnerin hatte die Idee für die Bücherkunst vor rund drei Jahren. „Ich habe das im Internet gesehen und wollte es selbst einmal testen“, sagt sie. Richtig eingestiegen sind beide aber erst im vergangenen Jahr. Und dabei ergänzen sich die Frauen, die sich bereits seit 15 Jahren kennen, erzählt Schmid: „Wir sind ein Team. Ich arbeite vor allem mit kompletten Büchern und Einband, Erika bastelt vor allem mit dem inneren Teil.“Dabei sei es auch egal, wie vergilbt das Äußere der Bücher ist, sagt Pendzialek. Sind die Einbände aber in Ordnung, kön- Schmid daraus Lesezeichen machen oder eine Platte zum Drapieren der Kunststücke.
Doch es kommt nicht nur auf den Einband an. Auch das Papier spielt offenbar eine große Rolle beim Falten. „Es muss alt sein und einen leichten Gelbstich haben“, erklärt Pendzialek. Ist es zu dünn, sagt sie, hält es schlecht. „Irgendwann entwickelt man einen Blick dafür, welüberwiegend ches Buch sich eignet und welches nicht“, fügt Schmid an.
Ihren Bastelvorrat bekommen die beiden Pensionärinnen aus zweierlei Quellen: Zum einen nehmen sie nicht verkaufte, schöne Schmöker vom Buchloer Bücherbasar mit, zum anderen bringen einige Privatleute alte Bücher zu den Frauen, die sie dann entweder zu Kunstobjekten weiterverarbeiten oder bis zum Büne cherbasar im kommenden Jahr aufbewahren. Denn der Förderverein Westbengalische Dörfer hilft dort schon länger aus und arbeitet den Veranstaltern zu. War das früher noch der Lionsclub Schwabmünchen-Lechfeld-Buchloe, ist es inzwischen der Freundeskreis Gymnasium Buchloe. Durch dessen Vorsitzenden Herbert Wintersohl sei auch die Idee entstanden, auf dem Bücherbasar die Kunst zu verkaufen, sagt Schmid. Das machten sie heuer zum ersten Mal. Noch vorher hatten die beiden Frauen auf dem Adventsmarkt in Hiltenfingen einen Stand. „Wir erwarten nicht riesige Einkünfte – jeder Erlös für den Verein ist gut“, erklärt sie die Motive der Aktion und ergänzt: „Wenn unsere Bücherkunst eine Anregung für Menschen ist und sie sich dann damit beschäftigen, ist das optimal.“Jeder habe Bücher daheim, aus denen er noch etwas machen könne – und so den Romanen, Bildbänden und Lexika ein zweites Leben schenkt.