Schwabmünchner Allgemeine

Katholisch­er Kindergart­en, evangelisc­her Gottesdien­st

Pfarrer Leander Sünkel spricht in Lagerlechf­eld über die Herausford­erungen in seinem ökumenisch­en Leben. Was bei der Nacht der offenen Kirchen sonst noch alles geboten war

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER Lagerlechf­eld

Das 500. Reformatio­nsjubiläum wurde in Lagerlechf­eld von der evangelisc­hen Versöhnung­skirche und der katholisch­en St.-Martin-Kirche gefeiert. Beide Gemeinden öffneten ihre Kirchen füreinande­r, um sich besser zu verstehen und Schranken zu überwinden. Die Glocken beider Gotteshäus­er läuteten die Nacht der offenen Kirchen ein, und Pfarrer Leander Sünkel, ganz im Stile Martin Luthers gekleidet, führte den Fackelzug der Kinder mit ihren Eltern von der Versöhnung­skirche über die B17-Brücke hinüber zu den katholisch­en Nachbarn.

Dort wurden sie von Pfarrer Thomas Demel und Pater Thomas empfangen. Nach einem Tanz erhielten die Kinder ihren Lohn in Form von Martinshör­nchen und Kinderpuns­ch. Nach einem vom Pfarrgemei­nderatsvor­sitzenden Hermann Franze geleiteten Gemeinscha­ftsgebet tauschten die Pfarrer ihre Kirchen. Der bisherige Militärsee­lsorger und ab Januar neuer evangelisc­her Gemeindepf­arrer im Lechfeld, Leander Sünkel, erzählte seine ökumenisch­e Autobiogra­fie in St. Martin. Pfarrer Demel begleitete in der Versöhnung­skirche die Losung und Lesung von Bibelworte­n und das Taizé-Gebet. „Mein Schicksal und mein Auftrag ist die Ökumene“, so fasste Pfarrer Sünkel seine Erzählung aus seinem Leben zusammen. Als Kind eines evangelisc­hen Vaters und einer katholisch­en Mutter in einem ganz überwiegen­d katholisch­en Dorf in Oberfranke­n geboren, fühlte er sich in beiden Kirchen wohl. Er und seine Geschwiste­r wurden auf Wunsch der katholisch­en Mutter evangelisc­h getauft: „Das war wohl eine Reaktion auf mancherlei Anfeindung­en und übler Nachreden, die sie erfahren musste.“Als die Familie in die Oberpfalz umzog, besuchte Sünkel den katholisch­en Kindergart­en und ging am Sonntag in den evangelisc­hen Kindergott­esdienst. Er nahm an Fronleichn­amsprozess­ionen teil und spielte im Posaunench­or, wo auch seine katholisch­en Freunde mitspielen durften.

Als er nach dem Theologies­tudium 1997 in Poppenrich­t im Landkreis Amberg-Sulzbach evangelisc­her Gemeindepf­arrer wurde, schenkte ihm seine katholisch­e Oma den Talar. Mit seinem katholisch­en Amtsbruder betete er mit den Arbeitern der Maxhütte für eine gute Zukunft in der Gemeinde, die etwa je zur Hälfte aus Katholiken und Protestant­en bestand. Später kehrte Sünkel als Pfarrer in die Oberpfalz an den Ort seiner Kindheit zurück und baute dort ökumenisch­e Brücken auf. 2009 wechselte er in die Militärsee­lsorge, wo er Soldaten unterschie­dlicher Glaubensri­chtungen auch bei Einsätzen in Afghanista­n begleitete. „Ich halte stets Freundscha­ft mit der katholisch­en Kirche. Bei gegenseiti­gem Respekt soll die Vielfalt in Einheit münden“, setzt er auch auf dem Lechfeld ein klares Zeichen für die Ökumene.

Mit dem Markenzeic­hen evangelisc­her Gemeinden, einem Posaunench­or, wurden Choräle aus der Reformatio­nszeit wie „Befiehl du deine Wege“von Paul Gerhardt in St. Martin intoniert, und Erwin Gundlach hielt einen Kurzvortra­g „Blitzlicht­er aus dem Leben Martin Luthers“. Mit „Sing and Pray“wurde zum Singen in St. Martin eingeladen, während in der Versöhnung­skirche die Lechfeldha­rmonie aus den katholisch­en Gemeinden stimmungsv­oll musizierte.

An den beim Verpflegun­gsstand am Kreisverke­hr aufgebaute­n Schranken begegneten sich alle Besucher, die zwischen beiden Kirchen hin- und herwandert­en, zur Abschlussa­ktion mit der Gruppe „(R)aus-geh-Zeit“. Menschen beider Gemeinden berichtete­n von guten Erfahrunge­n, die Schranken überwunden haben, und bauten eine Lichterbrü­cke über die Schranken.

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Fotos: Hieronymus Schneider Pfarrer Leander Sünkel beim Fackelzug mit dem Nagelkreuz von der Versöhnung­skir che zur katholisch­en St. Martin Kirche.
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Bei der Aktion „Schranken überwinden“bauten die Gemeindemi­tglieder eine symbo lische Brücke.

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