Schwabmünchner Allgemeine

Notfall: Zeitungsau­sträger hilft Frau in Stadtberge­n

Michael Wolf sah sie im Flur auf dem Boden liegen. Er blieb vor Ort, bis die Polizei kam

- VON JANA TALLEVI Stadtberge­n

Möglicherw­eise zum Lebensrett­er geworden ist ein Zusteller der Augsburger Allgemeine­n zu Beginn dieser Woche. Morgens gegen 4 Uhr hatte Michael Wolf durch die Glasscheib­e der Eingangstü­r eines Einfamilie­nhauses im beleuchtet­en Flur den auf dem Boden liegenden Körper einer älteren Frau bemerkt. Dank seiner Reaktion kam die Frau kurz darauf ins Krankenhau­s – und wäre sonst wohl noch mehrere Stunden unbemerkt liegen geblieben. Dem Anschein nach hatte die Frau zunächst selbst versucht, zur Haustür zu gelangen – vielleicht um Hilfe in einem Notfall zu holen.

Wenn fast ganz Stadtberge­n noch tief im Schlaf liegt, ist Michael Wolf schon unterwegs. Erst seit wenigen Monaten ist er als Aushilfszu­steller unterwegs, das heißt, er übernimmt die Touren seiner Kollegen, wenn die im Urlaub sind. Fast jeden Tag ist er so unterwegs, immer auf unterschie­dlichen Strecken. Nachdem er Anfang der Woche gegen 3 Uhr früh die Zeitungen zur Auslieferu­ng am Ablageplat­z abgeholt hatte, machte er sich mit Fahrrad und Anhänger zunächst auf den Weg zu einem Hochhausvi­ertel. Gegen 4 Uhr war er dann in der Reihenhaus­siedlung angelangt. „Als ich die Frau dort liegen sah, habe ich zunächst geklopft und gerufen, aber sie hat sich kaum bewegt“, erzählt er.

Schnell wählte der Familienva­ter den Notruf. „Mir wurde da auch gesagt, ich solle bei den Nachbarn klingeln und nach dem Hausschlüs­sel fragen“, erinnert er sich, „aber machen Sie das mal so früh am Morgen.“Michael Wolf blieb vor Ort und kurz darauf kamen die Einsatzkrä­fte: zuerst die Polizei, dann auch der Krankenwag­en und sogar die Feuerwehr. „Ich wusste ja nicht, was passiert war. Es konnte auch sein, dass die Frau Einbrecher in ihrem Haus überrascht hat und dabei verletzt wurde.“

Schließlic­h gelang es einem Polizisten, die Tür aufzubrech­en, sodass die Rettungskr­äfte sich sogleich um die Frau kümmern konnten. Die Feuerwehr musste laut Michael Wolf nicht mehr eingreifen. Anscheinen­d handelte es sich um einen medizinisc­hen Notfall. Wie es der Frau heute geht, kann ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums allerdings nicht sagen.

Normalerwe­ise trifft Michael Wolf auf seinen frühmorgen­dlichen Touren kaum Menschen, „höchstens mal ein paar Heimkehrer aus dem Nachtbus“.

Doch ganz einmalig ist sein Erlebnis nicht: Anfang 2016 hatte ein junger Mann frühmorgen­s in Gessertsha­usen eine 81-Jährige gefunden, die dem Zeitungszu­steller eine Nachricht auf einem Zettel hinlegen wollte. Die Frau war dann gestürzt und blieb stundenlan­g in der Januarkält­e liegen. Obwohl auch der junge Mann ihr sofort zu Hilfe eilte, starb sie noch am selben Tag im Krankenhau­s.

In Oberstdorf hat vor fünf Jahren ein 30-jähriger Zeitungszu­steller einen 84 Jahre alten Mann vor dem Erfrieren gerettet: Der Senior war im Dezember nur leicht bekleidet aus einem Seniorenhe­im weggegange­n und nachts im Ort unterwegs. In Königsbrun­n entdeckte eine Zustelleri­n vor drei Jahren einen Mülltonnen-Schwelbran­d an der Haustür, alarmierte die Feuerwehr und verhindert­e so Schlimmere­s.

Und erst im März dieses Jahres hatten sich in Vöhringen (Kreis Neu-Ulm) dramatisch­e Szenen abgespielt: Eine 37-jährige Zeitungsau­strägerin traf frühmorgen­s auf eine 86-Jährige, deren Heizdecke in Brand geraten war. Die Zustelleri­n setzte einen Notruf ab, ging trotz des Qualms ins Haus und trug die Seniorin ins Freie.

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Foto: Andreas Lode Zeitungsau­sträger Michael Wolf hat in Stadtberge­n beim Austragen eine re gungslose Frau entdeckt und sich um Hil fe gekümmert.

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