Der Parteisoldat Die Mutige
Joachim Herrmann kommt für vieles infrage Ilse Aigner konnte die Hoffnungen nicht erfüllen
Für einen CSU-Politiker war der Wahlabend besonders bitter: Als CSU-Spitzenkandidat und designierter Bundesinnenminister war Joachim Herrmann, 61, ins Rennen gegangen. Weil seine Partei aber so schlecht abschnitt, dass sie keinen einzigen Listenkandidaten in den Bundestag brachte, stand der Erlanger am Ende des Tages sogar ohne eigenes Mandat da. Was wird nun aus ihm? Eine seitdem oft gestellte Frage, die der Betroffene selbst bislang stets mit einem vielsagenden Lächeln zu beantworten pflegte.
Immerhin macht ihm bei den derzeit auf Krawall gebürsteten Christsozialen niemand einen Vorwurf für die aktuelle CSU-Krise. Im Gegenteil: Der langjährige bayerische Innenminister genießt nach wie vor in der Partei größten Respekt – weshalb er auch für alle CSU-Spitzenämter infrage kommt. Selbst ohne Mandat könnte Herrmann als Bundesminister nach Berlin wechseln. Ob der Mittelfranke gleichzeitig auch CSU-Chef werden kann, falls der Nürnberger Markus Söder in München die Staatskanzlei übernimmt, ist aufgrund des in der CSU nach wie vor sehr wichtigen Regionalproporzes aber fraglich.
Nicht wenige SöderSkeptiker in der CSU würden den ausgleichenden Herrmann ohnehin viel lieber gleich als neuen Ministerpräsidenten in München sehen. Dass er sich selbst bezüglich persönlicher Karriereambitionen bislang eher bedeckt hielt, sollte nicht darüber hinweg täuschen, dass sich Joachim Herrmann die Seehofer-Nachfolge sehr wohl zutraut. Ob er dafür auch einen offenen Konflikt mit Söder riskieren würde, ist allerdings eine andere Frage.
Henry Stern
Als Ilse Aigner, 52, im Juli 2011 mit grandiosen 98,2 Prozent der Stimmen zur Bezirkschefin der CSU Oberbayern gewählt wurde, benutzte sie ein Wort, das gar nicht zu ihr passt. Sie könne, so ließ sie den Delegierten wissen, auch „ekelhaft“sein. Ob das nur der Abschreckung dienen oder den Herren in der männerdominierten CSU eine Warnung sein sollte – gezeigt hat Aigner diese Eigenschaft seither nicht.
Dafür hat sie Mut bewiesen und Hoffnungen geweckt. Sie war schon Bundesministerin, ging aber 2012 nach Bayern zurück, um mitzuhelfen, die Schlappe von 2008 auszubügeln. Es funktionierte: Die CSU legte bei der Landtagswahl 2013 in Oberbayern um knapp acht Prozentpunkte zu, Aigner sicherte sich in Miesbach mit 56,8 Prozent das drittbeste Erststimmenergebnis. Danach scheute sie nicht davor zurück, sich als Wirtschaftsministerin das schwierige Thema Energiewende aufbürden zu lassen. Und als Seehofer die Debatte um seine Nachfolge mal wieder in den „Gefrierschrank“verbannte, meldete sich Aigner trotzig zu Wort und sagte, dass sie sich den Job zutraue.
Die Hoffnungen, die andere in sie gesetzt hatten, konnte Aigner allerdings nicht erfüllen. Sogar aus Oberbayern melden sich zurzeit in nicht geringer Zahl Unterstützer ihres Konkurrenten Markus Söder. Dass ein Franke dort so viele Fans hat, wird ihr als Schwäche ausgelegt.
Das letzte Wort aber ist noch nicht gesprochen. Aigner hält sich aktuell an die Vereinbarung, nicht übers Personal zu reden. Wenn es so weit sei, werde die einseitige Debatte ein Ende haben. „Darauf können Sie sich verlassen.“
Uli Bachmeier