Professorin haucht alten Gräbern neues Leben ein
Für eine Prähistorikerin sind Beerdigungsstätten ein Hort für neue Erkenntnisse, auch über Königsbrunn
Das Empfinden der Besucher des 4. Mithrastages stand im scheinbaren Widerspruch zum Vortrag der Referentin: „Das war sehr lebendig“, kommentierte Volker Hülle den Abend, und erhielt damit eine breite Zustimmung in der Runde. Dabei stand nicht das Leben sondern der Tod, konkreter archäologische Gräber, im Zentrum der Ausführungen von Dr. Carola Metzner-Nebelsick, Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Diesen Gegensatz von Thema und Erleben des Abends verdankten die Besucher im voll besetzten Informationspavillon 955 dem wissenschaftlich fundierten, aber immer mit vielen spannenden Details gespickten Vortrag von Metzner-Nebelsick. „Die Macht der Metalle“hieß das Thema. Wie wichtig die Metalle in der kulturellen Entwicklung waren, wurde in der Bronzezeit deutlich. „Menschen zeigten mit den Gräbern ihre Macht und ihren Status“, sagte Metzner-Nebelsick.
Die Analyse der Grabausstattung ließe auch Rückschlüsse auf den gesellschaftlichen Status zu. Voraussetzung sei der Glaube an eine jenseitige Welt. So wie die Hinterbliebenen den Toten im Grab ausstatteten, so sollte er in der jenseitigen Welt ankommen. Deshalb seien die Gräber auch ein Spiegelbild der Lebenwelt, von der allerdings nur das Gegenständliche erhalten sei, erklärte die Prähistorikerin.
Die Kontrolle über das nötige Wissen zur Verarbeitung der Metalle und Rohstoffe verlieh den Menschen Macht. Knochenanalysen aus Frühbronzegräbern in Mitteldeutschland zeigten: Menschen, die mit vielen Bronze-Artefakten und als Metallhandwerker und Krieger gut erkennbar bestattet wurden, konnten sich auch reichhaltig mit viel Fleisch ernähren.
Menschen hingegen, die einfach nur in Gruben „verlocht“wurden, ernährten sich zeitlebens nicht üppig und vorwiegend vegetarisch. Mit dem Metallhandel hat es auch einen Technologie- und Kulturtransfer gegeben. Dies machte Metzner-Nebelsick anhand vieler ähnlicher Funde in verschiedenen Regionen deutlich: So gab es in denselben Epochen Achtkant-Schwerter in Tirol und Skandinavien, Zinnperlenschmuck in Schwabmünchen und Dartmoor, England, sowie Klappstühle in der Voralpenregion und Ägypten. Die Rohstoffe Kupfer und Zinn, die zur Herstellung der Legierung Bronze nötig sind, kamen nur in wenigen Regionen vor. Die Epoche der Bronzezeit endetet mit einem Quantensprung in der Entwicklung um 800 vor Christus, sagte die Historikerin, denn dann fand man Eisen als neues Metall, und das konnte an viel mehr Orten abgebaut werden.
„Archäologie ist spannend und höchst kurzweilig“, schloss Kulturbüroleiterin Ursula Off-Melcher den Abend. Bevor die Besucher von Metzner-Nebelsick in die Welt der Bronzezeit entführt wurden, stellte Off-Melcher die international tätige Wissenschaftlerin vor. Diese kam auf Einladung der Leiter des Arbeitskreises für Vor- und Frühgeschichte, Rainer Linke und Siglinde Matysik nach Königsbrunn. Metzner-Nebelsick bescheinigte den ehrenamtlichen Archäologen eine hervorragende Arbeit: „Ohne Ihre Arbeit würde Schwaben in der Archäologie nicht den Ruf haben, den es hat – sogar in Großbritannien.“
Lob erhielt auch Musikerin LeaSophie Oppenländer für ihr gefühlvolles Entree an der Harfe mit Walzer und Divertimento. Bleibt noch die Frage, ob Referentin Carola Metzner-Nebelsick und Hansi Metzner, die Frau des früheren Bürgermeisters Adam Metzner, verwandt sind. Der verstorbene Altbürgermeister hatte vor 24 Jahren das Archäologische Museum Königsbrunn eröffnet. Nach einem kurzen Gespräch untereinander, glaubten beide Frauen: wohl eher nicht.