Die Lieblingsorte der Einheimischen entdecken
Die Königsbrunnerin Nadine Kunzi nutzt für Übernachtungen auf Reisen das Netzwerk Couchsurfing. Welche Erfahrungen sie damit gemacht hat und warum ihre Eltern zunächst skeptisch waren
Nadine Kunzi aus Königsbrunn nutzt auf Reisen das Netzwerk Couchsurfing. Welche Erfahrungen sie gemacht hat.
Wieso lässt jemand völlig fremde Menschen kostenlos in seiner Wohnung übernachten? Als Nadine Kunzi Couchsurfing zum ersten Mal nutzen wollte, haben ihre Eltern sie genau das gefragt. „Sie haben mir angeboten, ein Hotel zu zahlen“, erinnert sich die Königsbrunnerin. Mit Couchsurfing können registrierte Mitglieder auf Reisen nach kostenlosen Schlafplätzen suchen oder selbst welche anbieten. Die Internet-Community wurde im Jahr 2003 gegründet und hat inzwischen rund zwölf Millionen Mitglieder. Kunzi nutzt das Netzwerk seit fünfeinhalb Jahren. Sie sagt, dass gerade ältere Menschen diese Art zu Reisen nicht nachvollziehen können. Sie verstehen nicht, wieso jemand ohne Hintergedanken kostenlos Fremde bei sich aufnimmt.
Laut der 25-Jährigen ist der Gedanke hinter Couchsurfing nicht nur der kostenlose Schlafplatz, sondern auch gemeinsame Unternehmungen mit dem Gastgeber. „Ich lerne dadurch neue Leute kennen, die schon viel unterwegs waren und wir tauschen uns aus“, sagt sie. Außerdem bekomme sie viele Insidertipps. Viele Gastgeber zeigen ihren Couchsurfern zum Beispiel ihre Lieblingsorte, die nicht unbedingt in Reiseführern stehen. Mit Couchsurfing habe sie das Gefühl, einen Freund zu besuchen.
Die Königsbrunnerin hat bisher immer gute Erfahrungen mit dem Netzwerk gemacht. Sie hat als „Surferin“, also Gast, schon in Deutschland, Italien, Dubai, Lettland und Neuseeland übernachtet. Trotzdem werde sie immer wieder gefragt, ob sie keine Angst hat, bei fremden Menschen zu übernachten. Die 25-Jährige erklärt, dass sie sich immer die Profile anschaue, bevor sie bei einem Mitglied nach einem Schlafplatz fragt. Nutzer können auf ihrer Seite nicht nur etwas über sich preisgeben, andere Mitglieder auch Referenzen, wie das Mitglied als Gastgeber oder Gast war. Es gibt außerdem die Möglichkeit, das Profil verifizieren zu lassen. „Couchsurfing hat viel gemacht, um das Netzwerk sicherer zu gestalten“, sagt Kunzi. Nutzer, die weder ein Bild von sich hochgeladen, noch eine Bewertung haben, fragt sie nicht nach einer Schlafmöglichkeit. Das könne schließlich jeder sein.
Die Königsbrunnerin hat Couchsurfing zum ersten Mal bei einer Reise nach Heidelberg mit einer Freundin ausprobiert. Sie sei nervös gewesen, ob das Übernachten bei einem Fremden klappe. Kunzi und ihre Freundin hatten eine lange Zugfahrt hinter sich, weshalb ihr Gast- sie direkt vom Bahnhof abholte. In der Wohnung angekommen, wollten sich die zwei Frauen erst einmal ausruhen. Kein Problem für ihren Gastgeber: Er ließ den beiden den Schlüssel da, weil er selbst wegmusste. Kunzi war überrascht von so viel Vertrauen. Mit dem Gastgeber ist die 25-Jährige heute noch befreundet. Sie hat durch Couchsurfing noch weitere Freundschaften geknüpft: Einen Italiener hat sie zum Beispiel nach ihrem CouchsurfingAufenthalt öfter besucht und er war auch schon bei ihr in Königsbrunn.
Kunzi nutzt Couchsurfing hauptsächlich, wenn sie alleine unterwegs ist. In Hotels sei sie sonst alleine im Zimmer, würde die Hauptattraktioschreiben nen besuchen und so nur auf andere Touristen treffen. Durch Couchsurfing bekomme sie den Tagesablauf ihrer Gastgeber mit. In Dubai wohnte die 25-Jährige zum Beispiel bei einem Inder, dessen Wohnung außerhalb des Zentrums war. So konnte sie miterleben, wie der Alltag in typischen Wohnblocks ablaufe. Kunzi war auch schon selbst Gastgeberin und hat einen Brasilianer aufgenommen. Sie habe dem Couchsurfer Augsburg und Königsbrunn gezeigt, er kochte als Dankeschön. Von dem Besuch musste sie jedoch zuerst ihre Eltern überzeugen, da sie zusammen mit ihnen in einem Haus wohnt.
Kunzi erzählt, dass sich ihre Elgeber tern nach der anfänglichen Skepsis inzwischen mit dieser Art des Reisens arrangiert haben, nachdem die 25-Jährige nur gute Erfahrungen gemacht hat.
OCouchsurfing ist auch das Thema des letzten Vortrags der diesjäh rigen Reihe des „Königsbrunner Campus“: Christian Schwarzenegger vom Lehr stuhl Kommunikationswissenschaft der Universität Augsburg spricht zum The ma „Couchsurfing: Neue Freunde oder New Economy?“. Die Veranstaltung ist am heutigen Mittwoch um 19 Uhr im Ge nerationenpark in der Dietrich Bon hoeffer Straße 38 in Königsbrunn. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen gibt es im Kulturbüro Königsbrunn.