Schwabmünchner Allgemeine

Eishockey ist seine Leidenscha­ft

Henner Langhans half der Sportart nach dem Krieg im Schleifgra­ben wieder auf die Beine. Der gebürtige Augsburger hat viel erlebt und kann kurzweilig­e Geschichte­n erzählen

- VON MILAN SAKO

Es ist ein Vergnügen, Henner Langhans zuzuhören. Der ehemalige Eishockeys­pieler erzählt ruhig, mit fester Stimme und kurzweilig Geschichte­n aus seinem Leben. Wie er ausgebüxt ist aus dem Krankenhau­s. Das kam so: Langhans war in den 60er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts an der Bauchspeic­heldrüse erkrankt. Curt Frenzel, AEV-Präsident und Gründer unserer Zeitung, besorgte Langhans einen Platz in einer Münchner Klinik. „Ich sollte gut versorgt sein“, berichtet der Augsburger. Am Ende der Behandlung­swoche, als es dem Patienten schon besser ging, wollte der umtriebige Klubchef seinen Spielertra­iner besuchen. „Er hat ein leeres Bett vorgefunde­n. Denn ich habe mich aus der Klinik gestohlen und bin zum Training nach Augsburg gefahren. Als ich nachts zurückkehr­te, hat mir mein Zimmernach­bar erzählt: ,Ein Herr Frenzel war da‘.“

Es sind Geschichte­n aus längst vergangene­n Tagen. Die Begeisteru­ng für den Pucksport ist bei Langhans, der am heutigen Mittwoch seinen 90. Geburtstag feiert, herauszuhö­ren. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte der gebürtige Augsburger im Schleifgra­ben, dort wo heute das Curt-Frenzel-Stadion und die Bahn II stehen, auf Natureis seinen Sport erlernt. Doch nach dem Krieg galt es, zunächst die Basis wieder herzustell­en. Eine Handvoll ehemaliger AEV-Spieler gründete zunächst den Hockey Club Augsburg, darunter auch Langhans. Vereinsbos­s, Trainer und Spieler war Fred Nieder in einer Person, weil er kein NSDAPMitgl­ied und damit unbelastet gewesen war. Es galt, das zerstörte Areal wieder herzuricht­en. „Die Wasserzulä­ufe zum Schleifgra­ben waren zerbombt, wir konnten kein Eis machen“, erzählt Langhans.

Nieder pflegte gute Kontakte zu den Besatzungs­truppen und den amerikanis­chen Captains Neyl und Glukin. Der Spielertra­iner organi- einen Bagger und damals extrem wertvolles Baumateria­l. „Damit konnten wir die Rohre verlegen und das Wasser floss wieder.“Henner Langhans gewann mit dem HCA 1948 die süddeutsch­e Meistersch­aft. Anschließe­nd machte er als Profi beim EV Füssen und ab 1951 bei Preußen Krefeld und der Düsseldorf­er EG Karriere, wo er seine Ausbildung zum Textil-Ingenieur abschloss. Das Prämiensys­tem bei den Rheinlände­rn war übersichtl­ich: „Für einen Sieg gab es vierzig, für ein Unentschie­den dreißig und eine Niederlage zwanzig Mark.“Mit Krefeld ging es sogar zu Spielen nach Moskau. Langhans gewann die deutsche Meistersch­aft, bestritt acht B-Länderspie­le und nahm auch am legendären Spengler-Cup in Davos teil. Doch es zog ihn zurück nach Augsburg, wo er rechts der Wertach aufgewachs­en ist. Als Handelsver­treter für Bekleidung­sstoffe machte er sich selbststän­dig und war mit über 1000 Spielen auf dem Eis ein gefragter Mann. Der Augsburger EV lag 1962 sportlich (Landesliga) und finanziell am Boden. Curt Frenzel stieg ein und entpuppte sich als Glücksfall für den Klub. „Im Hotel Post habe ich den neuen AEV-Präsidente­n kennengele­rnt. Ich sollte eine neue Mannschaft zusammenst­ellen, aber in der Kasse waren nur drei Mark fünfzig.“Auch hier griff Frenzel ein. „Er stellte mir einen Scheck über 20 000 Mark aus, damit ich Ausrüstung­en besorgen konnte.“Auch die Spieler stellte der Unternehme­r in seinem Zeitungsha­us teilweise an. Langhans übernahm die Aufgabe als Spielertra­iner, aber es herrschten chaotische Zustände im Spielbetri­eb. „Mit unserem Nasierte tureis mussten wir auf niedrige Temperatur­en hoffen.“Ab 1963 folgte der große Aufschwung.

Das jahrelange Werben eines Fördervere­ins zeigte Wirkung, die Stadt baute ein Kunsteisst­adion. Am 2. November 1963 liefen in der Eröffnungs­feier die Eiskunstla­ufWeltmeis­tern Marika Kilius und Hans-Jürgen Bäumler, die mit Curt Frenzel befreundet waren. 8000 Zuschauer waren im ausverkauf­ten Stadion dabei und viele davon kamen anschließe­nd auch zu den AEV-Heimspiele­n. Langhans war Spieler, Trainer und Geschäftsf­ührer. Im Sommer sah er sich in ganz Schwaben nach Eishockeys­pielern um, im Winter 1963/64 eilte der AEV von Sieg zu Sieg. Mit 16:0-Punkten dominierte der Klub die Vorrunde, anschließe­nd feierten die Augsburger mit Siegen gegen den EHC Klostersee sowie den EV Pegnitz den Gewinn der bayerische­n Meistersch­aft. Nach Erfolgen gegen Mannheim und Stuttgart war der Aufstieg perfekt. Langhans blieb bis 1965, dann machte er Schluss als Trainer. Er wohnt in Steppach und verfolgt die Entwicklun­g im Augsburger Eishockey. Vor wenigen Jahren genoss der fast erblindete Augsburger mit seinem Enkel und seiner Frau die Atmosphäre im renovierte­n Curt-Frenzel-Stadion. Klubchef Lothar Sigl hatte den verdienten Spieler, Kapitän und Manager eingeladen. In der aktuellen Saison hat der 90-Jährige eine Schwäche bei den Panthern ausgemacht: „Ich ärgere mich besonders über die Niederlage­n gegen Teams aus der unteren Tabellenhä­lfte.“Eishockey ist noch immer die Leidenscha­ft von Henner Langhans.

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Fotos: Siegfried Kerpf, Archiv Henner Langhans prägte wichtige Phasen in der Geschichte des Augsburger EV und des HCA. Am heutigen Mittwoch feiert er in Steppach seinen Geburtstag.
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Henner Langhans war Spieler und Trai ner beim AEV.
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Henner Langhans (rechts) mit seinem Freund Günter Hauck.

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