Schwabmünchner Allgemeine

Ein Mann für alle Fälle

Jan-Pieter Fuhr war Sänger und Schauspiel­er und arbeitet jetzt als Fotograf am Theater. Auch als studierter Mathematik­er kommt er zum Einsatz

- VON RICHARD MAYR

Der Intendante­nwechsel am Theater Augsburg hat nicht nur an der Spitze des Hauses, sondern auch im Ensemble für Wechsel gesorgt. In der Serie „Neu am Theater“präsentier­en wir bis Ende Dezember ein Mal in der Woche einige der „Neuen“. Diesmal Jan-Pieter Fuhr, das „Schweizer Taschenmes­ser des Theaters“.

Ein Schweizer Taschenmes­ser, damit ist Jan-Pieter Fuhr auch schon verglichen worden. Einer, der alles kann, einer, den ein Theater unbedingt brauchen kann. Schon immer war Fuhr deshalb in Doppelkons­tellatione­n tätig, erst als Sänger, der gleichzeit­ig fotografie­rt hat, mittlerwei­le als Fotograf, der gleichzeit­ig den Internetau­ftritt des Theaters programmie­rt und gestaltet.

Man könnte ihn auch Allzweckwa­ffe nennen, wenn er nicht so freundlich, so gewinnend und gleichzeit­ig auch bescheiden wäre. Aber Waffe, das wäre dann doch viel zu martialisc­h. Einen Termin mit ihm zu finden, ist nicht so einfach, weil so vieles gleichzeit­ig anfällt. „Die Homepage hakt an ein paar Stellen noch, das wollen wir noch verbessern“, sagt Fuhr. Dann stehen da die nächsten Premierent­er- mine im Raum. Und während er sich die Zeit für ein Gespräch nimmt, klingelt das Handy. Eine Anfrage der hauseigene­n Presseabte­ilung, Fotos vom neuen Eingang im Martinipar­k mit Besuchern.

So kommt es, dass Fuhr am Nordharzer Städtebund­theater, wo er von 1999 bis 2009 unter Vertrag war, sowohl als Schauspiel­er als Sänger und als Fotograf tätig war, er dort den Papageno in der „Zauberflöt­e“, Wilhelm in „Black Rider“und Brad in „The Rocky Horror Show“gegeben hat. Fuhr wechselte von dort mit André Bücker an das Anhaltisch­e Theater Dessau und jetzt mit Bücker von Dessau nach Augsburg.

Das Fotografie­ren war anfangs ein Hobby von Fuhr. Ihm – als studierten Mathematik­er, der sich danach erst für den Gesang und das Theater entschied – fiel die technische Seite des Fotografie­rens leicht. Und als Sänger und Schauspiel­er brachte er das nötige Fingerspit­zengefühl für den richtigen Augenblick in den Theaterpro­duktionen mit.

Als Theaterfot­ograf ist Fuhr dafür da, die Inszenieru­ngen des Theaters zum Beispiel für die Pressearbe­it zu bebildern. Wenn er fotografie­rt, sieht er die Stücke oft das erste Mal. Fuhr kann sich nicht vor- ab überlegen, worauf er den Fokus legt, er macht das spontan; er schaut mit der Kamera im Anschlag zu und wartet auf die richtigen Momente, wo das Geschehen vorne sich zu einem Foto, einem Bild verdichtet, das das Ganze erzählt und ausdrückt. Am liebsten macht er das in Zentralper­spektive, erzählt er. Am schwierigs­ten wird es, wenn er den Tanz fotografie­rt. „Problemati­sch wird es, wenn die Fotos schlecht ausgewählt werden“, sagt er, wenn etwa kleine Fehler der Tänzer darauf festgehalt­en sind. Gelöst wird das Problem, in dem Fuhr sehr oft auf den Auslöser drückt und oft mehr als 500 Bilder von einer Produktion macht.

Vor zehn Jahren begann Fuhr, den neuen Internetau­ftritt für das Anhaltisch­e Theater zu programmie­ren. Durch sein Mathematik­Studium hatte er dazu eine natürliche Affinität, auch wenn die Computer-Programmie­rsprachen, die er damals lernte, heute historisch sind. Die Anforderun­gen an den Internetau­ftritt eines Theaters sind vielfältig wie das gespielte Programm. Die Seite diene der Informatio­n und müsse so gestaltet sein, dass auf den ersten Blick klar werde, dass der Inhalt der Seite Kunst sei, sagt Fuhr. Dann wiederum muss das Kartenverk­aufssystem an die Seite angeschlos­sen werden. Der Vorlauf für den neuen Internet-Auftritt des Theaters Augsburg betrug ein Jahr.

Über sein Privatlebe­n verliert Fuhr nicht viele Worte, so richtig eingelebt habe er sich in Augsburg noch nicht. Die Arbeit im Theater, es habe einfach die Zeit gefehlt. Schockiert war Fuhr über die Mietpreise in der Stadt, das sei mit Dessau nicht mehr zu vergleiche­n. „Aber so ist der Markt.“Was ihm sehr zupasskomm­t, ist die Nähe zu den Bergen. Denn wenn er einmal nicht fotografie­rt und nicht programmie­rt, geht er sehr gerne Gleitschir­mfliegen. Die neue Nähe zu den Bergen macht das sehr viel einfacher.

Ganz zum Schluss, bevor er zum nächsten Termin muss, fällt Fuhr noch ein, was ihm ein guter Freund einmal gesagt hat, als Fuhr sich darüber beklagte, wie viel an einem Theater zu tun sei und wie die Entlohnung ausfalle. Der Freund sagte: „Sei doch froh, dass du an einem Theater arbeitest. Dort wird noch über das Leben nachgedach­t und nicht nur über den Profit.“

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Foto: Ulrich Wagner Mit der Kamera in der Hand wartet der Theaterfot­ograf Jan Pieter Fuhr auf starke Momente auf der Bühne.

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