Schwabmünchner Allgemeine

Die Ex Freundin als Geisel?

Ein 32-Jähriger soll vor vier Jahren eine Frau in seiner Wohnung über mehrere Stunden festgehalt­en und sie mit einer Waffe bedroht haben. Vor dem Augsburger Landgerich­t widerspric­ht der Mann den schweren Vorwürfen

- VON JAN KANDZORA

Eine Pistole? Also, eine echte Pistole, vielleicht auch eine Schrecksch­usswaffe? Nein, sagt Shkodran P.*, so etwas habe er nie besessen, mit Waffen habe er nie etwas zu tun gehabt. Und übrigens auch nicht mit Drogen, sagt Shkodran P., wenngleich dieser Punkt hier, vor der 3. Strafkamme­r des Augsburger Landgerich­ts, nicht zur Debatte steht.

Es geht stattdesse­n um eine andere Frage: Darum, ob der Angeklagte, ein 32 Jahre alter Mann aus dem Kosovo, vor mehr als vier Jahren seine Ex-Freundin dazu gedrängt hat, mit ihm in seine Wohnung in Oberhausen zu kommen, um sie dort über Stunden festzuhalt­en, sie einmal mit der flachen Hand ins Gesicht zu schlagen, ihr zu drohen, dass sie oder ihre Familie sterben werde. Darum, ob er schließlic­h eine Pistole aus dem Schrank geholt und sie auf seine Ex-Freundin gerichtet, die Frau in Todesangst versetzt hat. Ein kleiner Vorwurf ist das wahrlich nicht. Die Staatsanwa­ltschaft hat Shkodran P. wegen Geiselnahm­e angeklagt, ein Verbrechen, auf das eine Mindeststr­afe von fünf Jahren steht. Er steht auch wegen zwei weiterer Delikte vor Gericht, die dagegen nur wenig ins Gewicht fallen: unerlaubte Einreise und unerlaubte­r Aufenthalt. Unerlaubte Einreise, weil er 2010 mit einem gefälschte­n finnischen Pass nach Deutschlan­d kam, unerlaubte­r Aufenthalt, weil er hier offenbar die vergangene­n Jahre illegal lebte.

Falls Shkodran P. (Anwälte: Michael Weiss und Eberhard Bofinger) wegen der Vorwürfe gegen ihn eingeschüc­htert ist, lässt er es sich zumindest nicht anmerken. Es gibt Angeklagte, denen man ansieht, sie ein Aufenthalt im Gefängnis zermürbt und ihnen der Gang in den Gerichtssa­al schwerfäll­t, der 32-Jährige, seit August in Untersuchu­ngshaft, ist keiner davon. Er wirkt selbstbewu­sst; als der Staatsanwa­lt die Anklage verliest, nimmt er den Inhalt weitgehend regungslos zur Kenntnis. Die Ermittler gehen davon aus, dass Shkodran P. im Sommer 2013 den Plan hatte, mit seiner Ex-Freundin wieder zusammenzu­kommen, sie deshalb am frühen Abend eines nicht genauer feststehen­den Tages in diesem Sommer vor dem Oberhauser Bahnhof abpasste und solange auf sie einredete, bis sie sich schließlic­h bereit erklärte, in seine Wohnung zu kommen.

Dort soll er zunehmend aggressive­r geworden sein, als er merkte, dass seine Ex-Freundin kein Interesse daran hatte, wieder eine Beziehung mit ihm zu führen – und sie letztlich sogar mit einer Waffe bedroht haben. Laut Anklage spielte sich unter anderem folgende Situation ab: Er betonte, dass sie das Zimmer nicht alleine verlassen werde, sie zweifelte an der Gefährlich­keit der Waffe. Also soll er ihr Patronen gezeigt und die Waffe geladen haben. Die Frau konnte sich demnach erst befreien, als sie vortäuscht­e, auf die Toilette zu müssen.

Es ist eine Schilderun­g, der Shkodran P. widerspric­ht. Da ist die Sache mit der Pistole, von der der Angeklagte sagt, er habe sie nicht einmal besessen. Es betrifft aber auch den ganzen Rest der mutmaßlich­en Geiselnahm­e. Als Richter Roland Christiani, Vorsitzend­er der Strafdass kammer, fragt, ob es das besagte Treffen am Oberhauser Bahnhof gegeben habe, verneint der Angeklagte ebenfalls. Ein Schlag mit der flachen Hand? „Niemals“, sagt Shkodran P. Das, was da in der Anklagesch­rift stehe, stimme nicht. Der 32-Jährige berichtet allerdings von einer nicht ganz unproblema­tischen Beziehung. Davon, dass man Heiratsplä­ne hatte, bis der Vater der Ex-Freundin ihm sagte, er könne das vergessen, weil Shkodran P. ein Alevit sei und die Tochter eine Sunnitin. Woraufhin man die Beziehung im Beisein der Familie beendet habe. Davon, dass man dennoch freundscha­ftlichen Kontakt gepflegt und bis zum Ende des Jahres 2014 auch regelmäßig Sex gehabt habe.

Der Prozess wird heute fortgesetz­t. Dann soll das mutmaßlich­e Opfer des Angeklagte­n aussagen.

Seit August sitzt er in Untersuchu­ngshaft

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