So schmelzend klingt das jüdische Leben
Die Klezmerband Feygele besticht auf ihrer neuen CD mit modernen Melodien Israels
Das Vögelchen aus der Augsburger Synagoge singt wieder. Gerade hat das Klezmerensemble Feygele die neue, zweite CD vorgestellt, und ihr Titel kommt vertraut vor: „Avinu – Unser Vater“. So heißt ein Gebet aus dem Schabbat-Gottesdienst, das den Höchsten bittet, die Verfehlungen der Menschen mit Nachsicht zu bedenken. Der Amerikaner Meir Finkelstein hat es vertont als musicaltaugliches Preislied, weich und zärtlich, sodass Feygele-Sängerin Christina S. Drexel allen Schmelz ihrer Stimme hineinlegen kann.
Als Frontfrau ist die Sopranistin bei dieser Einspielung stark gefordert. Anpassungsfähig wird sie den verschiedenen Stimmungen der Lieder in Hebräisch und Jiddisch gerecht. Und es besteht ein riesiger Unterschied zwischen dem hymnischen „Yerushalaim shel zahav“aus dem Film „Schindlers Liste“, das die ewige Sehnsucht des Volkes Israel nach der Stadt König Davids pathetisch feiert, und dem GettoLied „Shtiler, shtiler“der gequälten und dem Tod ausgelieferten Vilnaer Juden in Form eines beruhigenden Wiegenlieds. Sein Text kämpft sich erst allmählich zur Hoffnung durch: „Freu dich nicht Kind, dein Lächeln ist jetzt für uns Verrat (…) sei still und hoffe. Mit der Freiheit kommt der Vater …“
Feygele verknüpft Vergangenheit und Gegenwart. Das moderne jüdische Lebensgefühl klingt an in dem so charmanten wie selbstbewussten Chanson „Israelit“, das aus weiblicher Empfindung heraus die Schönheiten des Heimatlands beschreibt und den Frieden beschwört. „Schabbat hamalkah“besingt im beschwingten Tanzschritt die Freude am Ruhetag der Juden, angesprochen als eine Braut („Wenn die Sonne versinkt, dann breitet die Strahlende, Leuchtende ihre Flügel aus“). Erinnern will die Klezmerband nach den Worten ihres Leiters Josef Strzegowski damit daran, dass der Schabbat dem Volk Israel durch alle Zeiten seine Identität erhalten hat.
Die deutlich breitere Zusammenstellung der zweiten CD hat sich aus den Programmen der seit 2010 gegebenen Synagogen-Neujahrskonzerte von Feygele ergeben. Eingestreute Instrumentals beweisen auch die musikalischen Qualitäten des Quintetts mit Geigerin Kristina Dumont, Akkordeonist Franz Schlosser, Bassist Roland Höffner und Ulrich Haaf am Keyboard. Neu dazugestoßen ist Klarinettistin Gislinde Nauy. Hochzeitsmusik darf deftig laut ausfallen mit tanzwütigem, mitreißenden Rhythmus. Erstmals aufgenommen wurde das Jewish Medley, das Sängerin Christina Drexel 2015 für ein Zusammenspiel von Feygele und dem von ihr geleiteten Kammerorchester Maria Stern schrieb. Den 50 Gymnasiastinnen bescherte sie damit eine willkommene Abwechslung zu klassischen Klängen.
Musik jüdischer Tradition. Issa Music LC 39230