Schwabmünchner Allgemeine

Überwinter­n im Hallenbad

- VON SILVANO TUIACH feuilleton@augsburger allgemeine.de

Im Sommer am See ist es einfach: Hose runter, Badehose an und eingetauch­t in die Fluten!

Im Winter wird das „Ins-Wasser-Gehen“mühsam. Das fängt im Hallenbad schon im Umkleidera­um bei der Wahl des „richtigen“Spinds an. Mist, ich hatte doch immer Nummer 125, warum ist dieser jetzt schon wieder besetzt? Und dann, Jacke, Pulli, Hemd auf den Bügel hängen, die Schuhe ordentlich reinstelle­n und dann nicht vergessen, den Spind abzusperre­n. Und jetzt nur nicht auf dem frisch geputzten Fliesenbod­en ausrutsche­n! Mensch, wieder alle Liegen besetzt! Ach ja, heute ist Samstag, da stehen die Badenden so dicht gedrängt im wohltemper­ierten Wasser wie die Inder im Ganges. Schwimmen ist schwierig, sich einfach von der Halle ins Freie schubsen lassen ist einfacher. Im Outdoor-Becken kommt aus einer Röhre in Intervalle­n warmes Wasser mit dickem Strahl geschossen. Das ist ideal für die Massage der Halswirbel. Aber da steht schon einer drunter und macht nicht die geringsten Anstalten, nach – sagen wir – drei Minuten den Platz für den ostentativ Wartenden zu räumen. Mist! Das Ding geht ja erst in dreißig Minuten wieder an.

Jetzt schwimme ich wieder „Indoor“und schaue, ob der Sprudel in der kleinen Grotte an ist. Aber da sitzen schon drei mürrisch dreinblick­ende Damen drin und ich möchte mich nicht der Gefahr aussetzen, als „Stalker“wahrgenomm­en zu werden. Denn hier wird alles überwacht. Auf einer Kanzel sitzen drei Bademeiste­r und beobachten akribisch zwölf Stunden lang das Badegesche­hen auf Monitoren. Aber wenigstens sind die Warmwasser­düsen an, mit deren Hilfe die unteren Lendenwirb­el massiert werden können. Nach etwa einer halben Stunde Planschen kommt mein Höhepunkt des Besuchs im „Spaßbad“: die Dusche. Natürlich habe ich zu Hause auch eine Dusche, aber da muss ich den Schlauch mit dem Duschkopf selber halten und hier stelle ich mich einfach darunter und genieße das heiße Wasser auf meinem Kopf.

Ob Sie’s glauben oder nicht, ein idealer Platz für Meditation oder kreatives Gedanken- und Ideenkribb­eln. Die sieben Euro Eintritt würde ich allein für diese Dusche bezahlen. Und als waschechte­r Augschburg­er sehe ich es nicht ungern, wenn einer sein Duschgel stehen gelassen hat.

Ganz ehrlich: Würde nach Königsbrun­n auch das andere „Spaßbad“schließen, der Winter wäre noch schlimmer.

***

An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

 ?? Zeichnung: Silvano Tuiach ??
Zeichnung: Silvano Tuiach

Newspapers in German

Newspapers from Germany