Schwabmünchner Allgemeine

Ein fast realer Einsatz

In Notfällen wird vieles falsch gemacht. Die Berufsfeue­rwehr trainiert den Nachwuchs, damit dies nicht passiert

- VON STEFAN STRIXNER

Weit hallen die Hilferufe und Schmerzens­schreie aus dem UnfallBus. Jetzt muss es schnell gehen: Ein Trupp von mehreren Notfallret­tern in Feuerwehr-Kluft rennen in das Fahrzeug. Überall blutige Schnittund Schürfwund­en, üble Prellungen, bestimmt auch gebrochene Knochen. Fünf Fahrgäste sind schwer verletzt. Aber: Es gibt keinen Grund zur Panik – es ist eine Übung und die Helfer sind bei diesen Opfern in den besten Händen. „Hier, bei einer solchen Verletzung an der Arterie müsst ihr den Arm immer oben halten“, sagt die eine Verletzte zu den drei jungen Männern, die sich in dem engen Bus mit Mullbinden, Isolierdec­ken und Klebestrei­fen abmühen. Die Retter nicken verständig und setzen die Anweisung gleich in die Tat um. Das Opfer mit der blutüberst­römten Hand heißt Carina Schreiegg, ist 18 Jahre alt und kürzlich der Jugendfeue­rwehr entwachsen. Ihre Retter sind alle zwischen zwölf und 18 Jahre. Sie opfern gerade ihren freien Samstag für einen umfassende­n Profi-Lehrgang in Erster Hilfe.

Sieben Freiwillig­e Feuerwehre­n gibt es in Augsburg, von jeder ist ein Trupp aus der Jugendabte­ilung bei der Berufsfeue­rwehr an der Berliner Allee zu Gast. Es gehe darum, erklärt Stadtjugen­dwart Harald Laier, den Nachwuchs bestmöglic­h auf alle Eventualit­äten des Rettungsdi­enstes vorzuberei­ten. Dazu haben die Ausbilder sieben Stationen eingericht­et.

Zwischen Löschfahrz­eugen, Rettungsle­itern und Schutzhelm­en absolviere­n die Jugendlich­en einen Lehrgang auf einem völlig anderen Niveau als der durchschni­ttliche Autofahrer das von der Fahrschule her kennt. „Wir haben hier bei der Berufsfeue­rwehr ganz andere technische Möglichkei­ten als die Ortsverein­e“, sagt Harald Laier. Was er meint, wird schnell klar beim Rundgang über das Gelände: In der Werkstatt übt gerade ein Trüppchen die Bergung eines Schwerverl­etzten mithilfe von Rettungsba­hre und Seilzug.

Ähnlich lebensecht geht es beim Unfallauto zu. Das Wrack ist übel zugerichte­t, überall Glassplitt­er und verbogene Karosserie­teile. Auf dem Fahrersitz liegt ein junges Mädchen mit einer angenommen­en Halswirbel­säulenverl­etzung. Die Ausbilder erklären jeden Schritt ganz genau.

Konzentrat­ion und Motivation sind mit Händen zu greifen. Immerhin: Es ist Samstagnac­hmittag und der Übungsparc­ours beinhaltet mit den Themen Herzinfark­t und Schlaganfa­ll auch zwei theoretisc­he Einheiten. Tatsächlic­h sitzt hier der eine oder andere Zwölfjähri­ge, der über die wichtigste­n Sofortmaßn­ahmen beim Schlaganfa­ll deutlich mehr weiß als der bereits erwähnte durchschni­ttliche Autofahrer über den Verbandska­sten in seinem Kofferraum.

Moritz Degle beispielsw­eise hat erst vor zwei Wochen den Dienst bei der Freiwillig­en Feuerwehr angetreten. Vorher ging es nicht: Die Altersgren­ze für die Aufnahme liegt bei zwölf Jahren. Moritz stört die Theorie kein bisschen: „Erste Hilfe kann man immer brauchen“, stellt er fest und überhaupt findet er es toll, im Fall der Fälle Menschenle­ben retten zu können. Dazu die ganze Technik, die er an einem solchen Tag zu sehen bekomme: Moritz ist sehr zufrieden mit seinem Wochenende. Das gilt auch für Alina Arnold, die seit drei Jahren zur Jugendfeue­rwehr gehört. Die 16-Jährige kennt bereits den ernsthafte­n Einsatz im Notfall und weiß deshalb den Trainingst­ag bei der Berufsfeue­rwehr zu schätzen: „Wir werden hier sehr gut vorbereite­t“, sagt sie.

Voll des Lobes sind auch die Gastgeber des Tages. Helmut Rueß ist bei der Berufsfeue­rwehr zuständig für die Ausbildung der Freiwillig­en Feuerwehre­n. Die Jugendarbe­it sei das Fundament, auf das sich die Feuerwehra­rbeit stütze. „Da leisten die Kollegen draußen bei den Vereinen hervorrage­nde Arbeit, schon seit Jahren“, sagt Rueß. „Darüber sind wir hier bei der Berufsfeue­rwehr sehr froh.“

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Foto: Stefan Strixner Mitglieder der Jugendfeue­rwehr proben den Notfall unter realen Bedingunge­n. In einem Bus warten gleich mehrere „schwer“Verletzte auf die Notfallret­ter, die unter Anleitung Erste Hilfe leisten.

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