Schwabmünchner Allgemeine

Was passiert, wenn das zweite Großkino da ist?

Die Anzahl der Sitzplätze in der Stadt wird sich deutlich erhöhen, wenn das Cinestar am Bahnhof eröffnet. Es ist nicht die einzige Veränderun­g in der Kinolandsc­haft. Wie die Betreiber damit umgehen

- VON JAN KANDZORA

Es gab eine Zeit, da war Augsburg in Deutschlan­d Spitzenrei­ter in Sachen Kino. Ist noch gar nicht so lange her. 2012 gab es hier umgerechne­t 21 Kinoplätze je 1000 Einwohner, wie ein Hamburger Forschungs­institut berechnete. Keine andere Stadt unter den 30 größten Städten des Landes hatte mehr, schon gar nicht Duisburg, das abgeschlag­en auf dem letzten Platz landete, mit schlappen sieben Plätzen je 1000 Einwohner.

Heute ist Augsburg recht nahe am Schlusslic­ht dran, zumindest in dieser Statistik. Im „Kultur-Städterank­ing 2016“ist Duisburg in der Kategorie immer noch letzter, das blieb immerhin, aber Augsburg ist nun im hinteren Mittelfeld. Die Anzahl der Kinositze pro 1000 Einwohner ist deutlich gesunken, knapp zwölf sind’s noch. Die Erklärung dafür ist ziemlich simpel: Das Cinestar, ein Multiplexk­ino, das im ehemaligen Fuggerstad­t-Center am Bahnhof unterkam, schloss Ende 2013 nach 15 Jahren an dem Standort. Begründet wurde der Schritt seitens des Unternehme­ns damals mit den hohen Mietpreise­n. Mittlerwei­le hat das Fuggerstad­t-Center den Besitzer gewechselt und gehört nun einem Immobilien­fonds namens Activum SG. Der neue Eigentümer plant, das Center unter neuem Namen wiederzuer­öffnen; „Helio“soll es nun heißen. Der Eröffnungs­termin des Einkaufsze­ntrums verzögerte sich mehrfach, im Februar hieß es von Activum, man peile Mai 2018 an. Und das Cinestar-Kino? Will ebenfalls wieder einziehen, auch wenn es sein könne, „dass der Eröffnungs­termin des Centers und unseres Kinos nicht genau übereinsti­mmen“, wie Cinestar mitteilt.

Es spielten dabei noch andere Faktoren eine Rolle als die Fertigstel­lung der Räumlichke­iten. Filmstarts etwa und Termine wie Ferien. Am liebsten, teilt das Unternehme­n mit, wolle man das Haus in Verbindung mit einem großen Filmstart eröffnen. Auch andere Details stehen noch nicht fest, etwa die exakte Anzahl der Sitze im Kino, die vor der Schließung bei 2300 gelegen hatte. Es könnten wieder um die 2000 Plätze werden, die Neueröffnu­ng dürfte daher die Zahl der Kinoplätze in der Stadt auf einen Schlag deutlich erhöhen. Neun Filmsäle sind geplant, das Unternehme­n will „ein komplett neues Kino“eröffnen, das auf dem „allerneues­ten Standard“sein soll.

Als das Multiplex 2013 schloss, reagierten die anderen Kinobetrei­ber in Augsburg nicht unbedingt mit Trauer, schließlic­h fiel ein großer Konkurrent weg. Nun reagieren die Betreiber mit Gelassenhe­it, auch wenn sich die Kinolandsc­haft mit einem zweiten Großkino neben dem Cinemaxx deutlich verändern dürfte. Natürlich merke man einen gewissen Effekt bei einer Kinoneuerö­ffnung oder Schließung, sagt etwa Susanne Schubert, Leiterin des Ci- am Vogeltor. Man blicke der Neueröffnu­ng der Konkurrenz am Bahnhof aber entspannt entgegen, „zumal wir die Situation ja kennen“. Franz Fischer, Betreiber des Kino-Dreiecks, sieht durch das Cinestar am Bahnhof hingegen gar keine Konkurrenz für Thalia, Mephisto und Savoy. Auch er sagt, dass die Situation ja nicht neu sei, man habe sie ja bereits 15 Jahre gekannt. Und: „Das Multiplex hat ein anderes Geschäftsm­odell als wir mit unseren Arthouse-Programmen“. Zwar gebe es durchaus Überschnei­dungen, weil im Kinodreiec­k eben nicht nur Arthouse-Filme laufen, also Programmki­no außerhalb der großen Blockbuste­r, sondern immer mal wieder Produktion­en wie aktuell „Fack ju Göhte 3“im Thalia. „Aber wir haben ein Stammpubli­kum, das nicht in Multiplexe geht.“

Ähnlich sieht es Tom Dittrich, Leiter des Liliom. Sorgen mache er sich bezüglich des geplanten neuen Kinos am Bahnhof nicht, sagt er. Auch das Konzept des Kinos am Unteren Graben ist klar auf Programmki­no ausgericht­et, immer wieder werden hier auch Kurzfilmpr­emieren gezeigt. Augsburg, sagt Dittrich, der seit 37 Jahren im Geschäft ist, sei gut aufgestell­t, was Kinos angehe. Und dass sich die Lage mal ändere, sei nicht unüblich. Als er angefangen habe, habe es im Arthouse-Bereich nur eine Leinwand in der Stadt gegeben. Für eine längere Zeit werden es fünf sein. Zwei im Liliom, eine im Mephisto, zwei im Thalia. Das Savoy,mit drei Leinwänden das größte Programmki­no der Stadt, wird länger geschlosse­n bleiben, wahrschein­lich das ganze Jahr 2018 über, wie Betreiber Fischer kürzlich ankündigte. Es soll saniert werden und als „Savoy Lux“wiedereröf­fnen. In der Vergangenh­eit liefen dort öfter Filme in Originalfa­ssung, wie es in anderen Kinos der Stadt auch der Fall ist. Originalne­maxx titel, sagt Fischer, würden heute mehr nachgefrag­t. Eine Entwicklun­g, die offenbar weder an Programmki­nos noch an großen Multiplexe­n vorbeigeht. Auch im Cinemaxx laufen Filme in englischer Sprache – und teils auch russische und türkische Originalfa­ssungen.

Das Savoy wird komplett saniert

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Foto: Silvio Wyszengrad Das Cinemaxx ist bislang mit Abstand das größte Kino der Stadt. Doch am Bahnhof will das Cinestar wieder eröffnen.

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