Freistaat denkt bei der Flugplatzheide um
Innenminister Herrmann und Oberbürgermeister Gribl wollen alternativen Standort für Flüchtlings-Wohnungen
Die überraschende Wende, die sich in den vergangenen Tagen abzeichnete, wird zur Gewissheit: Der Freistaat überdenkt seine Pläne, auf wertvollen Naturflächen der Alten Flugplatzheide im Augsburger Stadtteil Haunstetten neue Wohnungen für 300 anerkannte Flüchtlinge zu bauen. Stattdessen wird ein anderer Standort für das Wohnbauprojekt immer wahrscheinlicher. Das ergibt sich aus einem Gespräch von Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl mit Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU).
Zwar hatte die Augsburger Naturschutzallianz über ein Jahr lang vehement gegen die Wohnbaupläne des Freistaates auf dem letzten Rest der historischen Heide mit rund 85 bedrohten Tier- und Pflanzenarten protestiert und einen anderen Standort für das Bauvorhaben gefordert. Trotzdem sollte die Bebauung nahe dem Landesamt für Umwelt am Bischofsackerweg kommen. Vergangene Woche wurde dann bekannt, dass der Freistaat überraschend keine Mittel für das umstrittene Wohnbauprojekt im Haushalt 2018 einstellt. Über die Hintergründe dieser Entscheidung wurde zunächst gerätselt. Nun nahm Augsburgs Oberbürgermeister Gribl Kontakt mit dem zuständigen Innenminister Herrmann auf. Ergebnis: Das Wohnbauprojekt am Bischofsackerweg war auch aus Sicht des Freistaates von Anfang an in einer schwierigen Gemengelage. Zum Zeitpunkt des akuten Flüchtlingszustroms habe es aber dringende Gründe gegeben, einem zügig zu realisierenden Wohnbauprojekt den Vorrang zu geben. Denn es sei damals davon auszugehen gewesen, dass bei voll belegten Flüchtlingsunterkünften für diejenigen Menschen „Unterbringungsnotstände“entstehen würden, deren Bleiberecht anerkannt ist und die ihren Platz in den Erstaufnahmeeinrichtungen räumen müssen.
Wie auf Anfrage unserer Zeitung weiter mitgeteilt wurde, sei die Planung „in hartem Ringen um die bekannten, schutzwürdigen Belange erfolgt“. Das Wohnbauprojekt wurde zunächst umgeplant und der Flächenverbrauch auf dem Grundstück verkleinert, um dem Naturschutz Rechnung zu tragen. Der Immissionsschutz vor benachbartem Gewerbelärm sollte durch bauliche Maßnahmen erreicht werden. Im Ergebnis entstand aus Sicht des Freistaates ein machbares, aber weiter konfliktreiches Projekt.
Der Baubeginn 2018 war schon absehbar. Doch kurz vor der letzten finanziellen Weichenstellung kommt nun ein Kurswechsel: Innenminister Joachim Herrmann besprach das Vorhaben nochmals mit OB Gribl. Dies sei erforderlich gewesen, weil sich die Gründe für die ursprüngliche Projektentscheidung in zwei Punkten wesentlich geändert hätten, hieß es. Erstens habe sich der Flüchtlingszustrom im Laufe des vergangenen Jahres verringert, der Wohnraumdruck aus den Erstaufnahmeeinrichtungen habe etwas nachgelassen. Zweitens komme für das Vorhaben des Freistaats zwischenzeitlich ein anderes, weniger konfliktbeladenes Grundstück in Betracht – ein Standort an der Berliner Allee. Das Straßenmeisterei-Areal gehört ebenfalls dem Freistaat. Ursprünglich war dort eine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge vorgesehen, nun bestehe dort die Chance einer städtebaulich verträglicheren Planung für das Wohnbauprojekt.
Gribl teilte nach dem Gespräch mit Herrmann mit: „Da wir immer und zu jedem Verfahrenszeitpunkt prüfen, ob der Vollzug einer bereits getroffenen Entscheidung richtig ist, haben wir uns darauf verständigt, dass zumindest vorerst die Einstellung der Projektmittel in den Haushalt unterbleiben soll“. Nach einer Abstimmung mit Baureferent Gerd Merkle habe er Herrmann die Überlegungen der Stadt aufgezeigt, das Projekt zu verlagern und dazu Unterlagen übergeben. Bekanntlich muss die Stadt auf dem Grundstück an der Berliner Allee erst noch Baurecht schaffen. Gribl sagte weiter, dieses Vorgehen stehe im Einklang mit den Bemühungen von Umweltreferent Reiner Erben (Grüne). Dieser wolle alle Möglichkeiten ausloten, um einen Zugriff auf die Flugplatzheide zu vermeiden. Erben will auch das Schutzverfahren für Teile der Heide vorantreiben.