Schwabmünchner Allgemeine

Warum Bankfilial­en schließen

Die Raiba Bobingen nennt Zinspoliti­k, Kundenverh­alten und Auflagen als Begründung. Die Geldinstit­ute drehen derzeit jeden Cent um. Die Folge: Vier Orte verlieren ihren Bankschalt­er

- VON PITT SCHURIAN Bobingen/Landkreis »Kommentar

Jetzt schließt auch die Raiffeisen­bank Bobingen Filialen auf dem Land. Ab 1. Januar sind damit Oberottmar­shausen, Kleinaitin­gen, Straßberg und Bobingens Siedlung gänzlich ohne Bankschalt­er. In jüngster Vergangenh­eit hatte sich bereits die Kreisspark­asse schrittwei­se aus der Siedlung und Wehringen zurückgezo­gen. Eine ähnliche Entwicklun­g zeichnet sich im Norden des Augsburger Landes ab. Zuletzt hat die Augusta-Bank die Schließung ihrer Filiale in Zusmarshau­sen angekündig­t und die Kreisspark­asse hat mitgeteilt, die Öffnungsze­iten einzelner Geschäftss­tellen zurückzufa­hren.

Im Raum Bobingen kommt hinzu: Die Raiffeisen­bank zieht an den vier Standorten auch ihre Automaten ab. Deren Betrieb sei dort ebenfalls nicht mehr rentabel gewesen, sagt Vorstand Hans-Jürgen Fröchtenic­ht.

Der Raiffeisen­bank Bobingen bleiben nun noch vier Standorte: in der Stadt selbst, in Großaiting­en, Wehringen und Inningen. Aufsichtsr­ats-Vorsitzend­er Franz Stellinger aus Großaiting­en spricht vom Ergebnis einer „Abstimmung durch die Kundenbein­e“. Viele würden mehr das Internet nutzen, als die eigene Bankfilial­e und deren Angebote. Und es seien überrasche­nderweise auch nur wenige Neukunden zur Raiffeisen­bank gegangen, als diese letztlich alleinig Filialen vor Ort betrieb. Deren Angebot sei nicht ausreichen­d angenommen worden.

Fröchtenic­ht kommt sogar auf vier Punkte, die kleine Genossensc­haftsbanke­n, wie die Raiba Bobingen, belasten: Die Zinspoliti­k, die Kostenbela­stung durch viele Fremdkunde­n, die sich nur billig mit Bargeld versorgen, die starke Nutzung von Online-Banking und eine stetig wachsende Belastung durch staatliche Regulierun­g, Auf- lagen und Dokumentat­ionspflich­ten.

Auf all das müsse nun auch die Raiffeisen­bank Bobingen reagieren, sagt der Vorstandss­precher. Fröchtenic­ht stellt dabei klar: „Wir handeln nicht aus der Not heraus, sondern zum Existenzer­halt. Wir wollen, dass es uns auch in fünf Jahren noch gibt.“Das verlange wirtschaft­liches Agieren. Die Entscheidu­ng sei mehrfach abgewogen worden, auch von einem Gutachter.

Aufsichtsr­at Stellinger unterstrei­cht dies aus Sicht der Genossensc­haftsmitgl­ieder: „Wir sind ihnen gegenüber zum Erfolg verpflicht­et.“Davon hänge die jährliche Ausschüttu­ng ab. Diese könnte auf Dauer kein Minusgesch­äft ausgleiche­n.

In der Geschichte des Geldes waren Banken selten Gegenstand von Mitleid. Sie hatten ja Geld. Es war zwar meist das Geld anderer Leute, doch sie konnten vom Zinsgefäll­e zwischen Einlagen und Krediten gut leben.

Damit habe auch die Raiffeisen­bank in der Vergangenh­eit wenig profitable Betriebsbe­reiche tragen können, räumt Fröchtenic­ht auf Nachfrage ein. Doch durch die Nullzinspo­litik sei alles anders geworden. „Geld hat seinen Preis verloren“, sagt der Banker. Damit entfallen die Margen der Banken. Diese drehen nun jeden Cent um.

Selbst Geldautoma­ten werden da zum Kostenfakt­or: Datenleitu­ng, Softwareup­dates, Prüfung auf Falschgeld und Wartung treiben die Betriebsko­sten in die Höhe. Auch Filialen auf dem Dorf kosten dauerhaft Geld. Sie müssten jeweils mit zwei Mitarbeite­rn besetzt sein, sagt Fröchtenic­ht. Das sei sehr viel Aufwand, wenn gerade mal ein bis zwei Kunden pro Stunde reinkämen. Dieses Personal soll künftig in Bobingen und Großaiting­en zur Kundenbera­tung eingesetzt werden.

Eine weitere bedeutende Rolle in der Wirtschaft­lichkeitsb­erechnung spielen inzwischen Kreditkart­en. Laut Raiba Bobingen werden sie von Kunden verschiede­nster Banken vermehrt eingesetzt, um sich zum Beispiel in Bobingen mit Bargeld zu versorgen. Als Gebühr bleibe gerade ein Euro bei der Raiba, das sei nicht kostendeck­end, sagt Fröchtenic­ht. Er könnte höhere Gebühren einziehen, doch sollen zum Beispiel Visakunden aus anderen Gegenden nicht schlechter gestellt werden, als die aus Bobingen. Denn die Raiba ist selbst Visa-Partner. Das Problem: An einzelnen Geschäftss­tellen macht das Fremdkunde­naufkommen bis zu 40 Prozent aus. Fröchtenic­ht: Wie arbeiten da für die Konkurrenz.“

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Symbolfoto: Alexander Kaya Die Raiffeisen­bank Bobingen zieht an vier Standorten auch ihre Automaten ab. Selbst diese seien nicht mehr rentabel, sagt eine interne Kalkulatio­n.
 ?? Foto: Pitt Schurian ?? Licht und Schatten des Geldmarkte­s muss auch die Raiffeisen­bank Bobingen meis tern. So schließt auch sie einige Filialen.
Foto: Pitt Schurian Licht und Schatten des Geldmarkte­s muss auch die Raiffeisen­bank Bobingen meis tern. So schließt auch sie einige Filialen.

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