Schwabmünchner Allgemeine

Der Tod kann bunt sein

Die einen wissen schon, wie sie einmal begraben werden wollen, andere schieben das eigene Ende weit von sich. Warum es wichtig ist, sich mit dem Sterben zu befassen

- VON STEPHANIE SARTOR Augsburg Termine

Alfred Opiolka weiß schon, in welchem Sarg er einmal liegen wird. Grün ist er, ein paar Grashalme und bunte Schmetterl­inge sind darauf zu sehen. Opiolka hat seinen Sarg selbst gestaltet, so wie die vielen anderen in seinem „Sargladen“, der gerade von Wertach im Oberallgäu nach Lindau umzieht. „Mein Lieblingsm­otiv ist die Blumenwies­e“, sagt Sargmaler Opiolka. Für ihn ist der Tod alles andere als schwarz und trist – sondern vielmehr grün. „Die Farbe symbolisie­rt den Frühling, den Neuanfang. Und für den, der stirbt, beginnt ja auch etwas Neues.“

Für Opiolka, der ursprüngli­ch Wandmaler ist, gehört die Beschäftig­ung mit dem Tod zum Leben dazu. „Je mehr wir uns mit dem Thema auseinande­rsetzen, desto geringer ist die Angst.“Genau so sehen es offenbar auch viele Kunden, die in sein Geschäft kommen. Sie suchen sich einen Sarg aus, lassen ihn dann in den nächsten Jahren verpackt im Keller stehen – oder nutzen ihn sogar als Schrank fürs Wohnzimmer, erzählt Opiolka.

Am kommenden Wochenende stellt der Sargmaler seine Särge in der Erdinger Stadthalle vor. Dort findet die Veranstalt­ung „Mein letzter Weg – Vorsorge zu Lebzeiten“statt, eine Messe rund ums Sterben. Mit Expertenvo­rträgen und einer begleitend­en Ausstellun­g. Nach Angaben des Münchner Kulturmark­etings ist es die erste Informatio­nsveransta­ltung dieser Art und Größe in Bayern. Wie und wo möchte ich bestattet werden? Welche Kosten fallen an? Wie gestalte ich ein rechtssich­eres Testament? Was passiert nach meinem Tod mit meinem Facebook-Account? Diese und viele weitere Fragen sollen beantworte­t werden. Und es wird auch Außergewöh­nliches zu sehen geben, etwa Wasserurne­n oder Trauerspie­lzeug aus Legosteine­n für Kinder.

Viele Menschen haben vor allem rechtliche Fragen, wenn sie sich auf ihren letzten Lebensabsc­hnitt vorbereite­n. Jürgen Zirbik vom Servicedie­nstleister Jura direkt erklärt, worauf es ankommt: „Rechtsanwä­l- te empfehlen, dass man eine Gesamtvoll­macht erstellt.“Dazu gehört unter anderem eine Vorsorgevo­llmacht. Sie verhindert, dass vom Gericht ein Betreuer für Rechtsange­legenheite­n eingesetzt wird, wenn man etwa durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit nicht mehr einwilligu­ngsfähig ist. Mit der Vollmacht werden andere Personen legitimier­t, den Betroffene­n zu vertreten, etwa wenn es um Behördengä­nge oder Bankgeschä­fte geht. Eine solche Vorsorgevo­llmacht ist schon ab dem 18. Geburtstag wichtig – denn ab diesem Zeitpunkt haben die Eltern kein Vertretung­srecht mehr für die Kinder. „Ohne Vollmacht gibt es keine Vertretung. Das gilt übrigens auch unter Ehepartner­n“, erklärt Zirbik. Und wenn Kinder unter 18 Jahren vorhanden sind, sollte man über eine Sorgerecht­sverfügung nachdenken – etwa für den Fall, dass die Eltern bei einem Autounfall sterben.

Ein anderer wichtiger Baustein, wenn man sich mit dem eigenen Tod oder schweren Krankheite­n beschäftig­t, ist die Patientenv­erfügung. „Dabei wird geregelt, welche Wünsche ich in Gesundheit­sfragen habe“, sagt Zirbik. Etwa, wenn es um lebenserha­ltende Maßnahmen oder Wiederbele­bung geht.

Das Thema Vollmachte­n sei bei vielen Menschen noch immer relativ unbekannt, sagt Zirbik. 90 Prozent haben laut Bundesnota­rkammer keine Vorsorgevo­llmacht. „Das liegt natürlich daran, dass das ein unangenehm­es Thema ist.“

Dass der Tod in unserer Gesellscha­ft oft ein Tabuthema ist, sagt auch Fred Theiner. Für ihn selbst gilt das allerdings nicht. Und das trotz seiner Geschichte. Mit 46 Jahren erkrankte er an Krebs. Die Ärzte gaben ihm noch drei Monate. Das ist nun 19 Jahre her. Und anstatt das Thema Tod beiseitezu­schieben, macht Theiner genau das Gegenteil: Der Tischlerme­ister gibt Kurse im Sargbauen. „Ich mache das aus Dankbarkei­t“, sagt er. Die Teilnehmer, die in seiner Werkstatt in Bobingen im Landkreis Augsburg lernen, einen Sarg herzustell­en, kommen meist, um für den Vater oder die Mutter die letzte Ruhestätte anzufertig­en. „Die wollen nicht die üblichen Billigprod­ukte aus Asien, sondern Särge aus heimischem Holz“, sagt Theiner. Er hat seit seiner Krankheit eine besondere Einstellun­g zum Leben. Nachdem er dem Tod so nah war, sagt er heute: „Ich habe vor nichts mehr Angst.“

ODie Infotage „Mein letzter Weg“finden am 25. und 26. November in der Stadthalle in Erding statt. Für den Sargbaukur­s von Fred Theiner am 24. und 25. November gibt es noch Plätze. In teressente­n können sich unter Telefon 08234/5677 anmelden.

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Foto: Alfred Opiolka So sehen die bunten Särge von Alfred Opiolka aus.

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