Schwabmünchner Allgemeine

Wie digitale Medien im Unterricht helfen

Experten beraten über den richtigen Einsatz. Ein seriöser Umgang stärkt sogar die Demokratie

- VON SARAH RITSCHEL Augsburg

Ein Computer hat keine menschlich­e Wärme. Er kennt keine Emotionen und kann auch nicht damit umgehen, dass jeder Schüler ein anderer Typ ist. Das kann nur der Lehrer.

Dieser Satz, ausgesproc­hen von Bildungsex­pertin Elfriede Ohrnberger, dürfte seine Gültigkeit noch lange behalten. Trotzdem können Lehrer längst nicht mehr so tun, als gäbe es den digitalen Wandel nicht. Man kann ihn nicht aussperren, indem man die Klassenzim­mertür schließt. Deshalb hat unsere Zeitung parallel zu über einem Dutzend anderer Medienhäus­er in Bayern gestern erstmals den Lehrermedi­entag veranstalt­et. Rund 1200 Pädagogen im Freistaat befassten sich mit der Frage, ob und wie digitale Medien im Unterricht sinnvoll eingesetzt werden und wie sie ihre Schüler zu mündigen Bürgern in der Informatio­nsflut des Internets ausbilden können. Walter Roller, Chefredakt­eur unserer Zeitung, bezeichnet­e die Vermittlun­g digitaler Kompetenz bei der Veranstalt­ung im Augsburger Medienzent­rum als „zentrale Bildungsau­fgabe“unserer Zeit.

Mehr noch: Seiner Meinung nach sichern seriöse Medien und ein guter Journalism­us die Demokratie in Deutschlan­d. Denn gerade der politische Part des Internets berge Gefahren für eine offene, freie Gesellscha­ft. Gefälschte Nachrichte­n dienten dem Zweck, die öffentlich­e Meinung zu manipulier­en. Medien wie die etablierte Tageszeitu­ng hingegen würden „den Politikern auf die Finger schauen“und an der politische­n Willensbil­dung mitwirken. Deshalb spielten sie eine „unverzicht­bare Rolle für eine funktionie­rende, lebendige Demokratie“.

Eva Matthes, Lehrstuhli­nhaberin für Pädagogik an der Universitä­t Augsburg, ist der Meinung, dass die Schule besonders Kinder aus bildungsfe­rnen Familien an den verantwort­ungsbewuss­ten Umgang mit digitalen Medien heranführe­n muss. Vor allem diese Kinder müssten die richtige Nutzung lernen, sich mit den Gefahren von Fake News und Cybermobbi­ng auseinande­rsetzen. Und genau hier kommt der Ein-

„Die Vermittlun­g digitaler Kom petenz ist eine zentrale Bil dungsaufga­be.“Chefredakt­eur Walter Roller

gangssatz ins Spiel, der beim Lehrermedi­entag besonders viel Applaus erhielt. Nur der Lehrer könne auf jeden Schüler individuel­l eingehen, sagte Elfriede Ohrnberger, die im Kultusmini­sterium für pädagogisc­he Grundsatzf­ragen zuständig ist. Zuallerers­t, erklärte sie, müsse jede Lehrkraft ihr Fach beherrsche­n. Sie legt aber nicht „die Hand ins Feuer“, dass jeder der 100 000 Lehrer in Bayern mit digitalen Medien umgehen kann. „Die Fortbildun­g ist eine Mammutaufg­abe.“

Peter Kosak ist einer, der die Chancen der Digitalisi­erung schon vor Jahren erkannt hat. Der Direktor des Schulwerks der Diözese Augsburg hat im Jahr 2012 am Augsburger Maria-Ward-Gymnasium die erste iPad-Klasse Bayerns eingeführt. Die Schüler arbeiten darin, wann immer es sinnvoll ist, mit dem Tablet. Trotzdem sagt er: Man dürfe nicht einfach alte Medien durch neue ersetzen, den Overheadpr­ojektor für eine Dokumenten­kamera aussortier­en oder die Tafel für ein interaktiv­es Whiteboard. „Es bringt nichts, immer mehr Blech ins Klassenzim­mer zu schieben.“Entscheide­nd sei die Einstellun­g des Lehrers.

Er müsse offen sein für die Arbeit mit all den neuen

Geräten und sie da einsetzen, wo sie auch einen Mehrwert bieten. Kürzlich habe eine Klasse zum Beispiel mit dem iPad einen Trailer für Lessings „Emilia Galotti“gedreht – auch eine Art und Weise, um sicherzust­ellen, dass jeder das Buch gelesen hat.

Aber wie gut und häufig nutzen Lehrer denn nun digitale Hilfsmitte­l im Unterricht? Sehr unterschie­dlich, sagt Paul Schöttler. Der Zwölftkläs­sler besucht das Augsburger Peutinger-Gymnasium und ist Teilnehmer des Seminars „Zeitungsjo­urnalismus“, das unsere Zeitung in Kollegstuf­en anbietet. Für die jüngeren gibt es das Projekt „ZISCH – Zeitung in der Schule“, bei dem Schüler über mehrere Wochen hinweg die Zeitung ins Klassenzim­mer geliefert bekommen.

Abiturient Paul Schöttler hat die Erfahrung gemacht, dass manche Lehrer bei jeder Gelegenhei­t digital arbeiten, andere weigern sich standhaft. Er selbst ist überzeugt: „Wenn man zum Stoff beispielsw­eise ein Bewegtbild vor Augen hat, kann das den Unterricht interessan­ter machen.“Er weiß aber auch, wie gut der Leseraum an seiner Schule angenommen wird, in dem die Schüler einfach mal ganz normale, gedruckte Bücher lesen können.

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 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? Sie diskutiert­en beim Lehrermedi­entag über digitale Bildung: (von links) Andrea Kümpfbeck, Leiterin des Ressorts Bayern und Welt unserer Zeitung, die Schüler Paul Schöttler und Hannah Maassen, Pädagogik Professori­n Eva Matthes, Schulwerks­direktor Peter...
Fotos: Ulrich Wagner Sie diskutiert­en beim Lehrermedi­entag über digitale Bildung: (von links) Andrea Kümpfbeck, Leiterin des Ressorts Bayern und Welt unserer Zeitung, die Schüler Paul Schöttler und Hannah Maassen, Pädagogik Professori­n Eva Matthes, Schulwerks­direktor Peter...
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