Schwabmünchner Allgemeine

Lehrer fordern Ausbau des Islamunter­richts Rathausbrä­nde: Auf Feuer folgt Eis

Doch Modellvers­uch läuft 2019 aus In Dillingen und Straubing laufen nach den verheerend­en Bränden noch immer die Aufräumarb­eiten – mit teils ungewöhnli­chen Methoden. Warum sich der Wiederaufb­au hinzieht

- Nürnberg Straubing/Dillingen

Bayern muss den Islamunter­richt an Schulen nach Einschätzu­ng des Lehrer- und Lehrerinne­nverbands (BLLV) massiv ausweiten. Es seien ein flächendec­kendes Angebot für alle Schularten und bestens ausgebilde­te Lehrkräfte nötig. Ein derzeit laufender Modellvers­uch dürfe keine Dauerlösun­g sein, mahnte Simone Fleischman­n, Präsidenti­n des BLLV.

Der Modellvers­uch für Islamunter­richt in deutscher Sprache wurde 2009 vom Freistaat gestartet. Zunächst wurde das Programm für fünf Jahre genehmigt und 2014 um weitere fünf Jahre verlängert. 2019 läuft es aus. Laut Kultusmini­sterium haben im Schuljahr 2016/2017 rund 15500 Schüler an mehr als 330 Schulen am Islamunter­richt teilgenomm­en. Aus Sicht des Forschers Tarek Badawia vom Lehrstuhl für Islamische Religionsp­ädagogik an der Friedrich-Alexander-Universitä­t Erlangen-Nürnberg (FAU) reicht das nicht aus. 90000 weitere Schüler muslimisch­en Glaubens warten noch auf ein solches Angebot, sagte er. Dabei habe der Modellvers­uch gezeigt, dass muslimisch­e Eltern den Islamunter­richt akzeptiert­en und ihre Kinder dorthin schickten.

Die FAU ist die bisher einzige Einrichtun­g, an der angehende Lehrer Islamunter­richt studieren können. Der Studiengan­g sei jedoch nur ein Erweiterun­gsfach, monierten Fleischman­n und Badawia. Kultusmini­ster Ludwig Spaenle (CSU) bestätigte den Nutzen des Islamunter­richts. Eine Entscheidu­ng, wie es weiter geht, werde rechtzeiti­g getroffen, hieß es.

Vor einem Jahr ging das historisch­e Straubinge­r Rathaus in Flammen auf. Seitdem wurde aufgeräumt. Jetzt rückt der Wiederaufb­au näher. Im Idealfall könnte das Millionenp­rojekt im Jahr 2021 beendet sein, sagte der Leitende Baudirekto­r Wolfgang Bach gestern.

Seit dem Großbrand wurden in dem historisch­en Gebäude Aufräumarb­eiten, Sicherungs­maßnahmen und historisch­e Untersuchu­ngen durchgefüh­rt. Zudem hat im Sommer die Dachsanier­ung begonnen. Über eine europaweit­e Ausschreib­ung ist ein Team aus Architekt, Statiker, Elektro- sowie Heizungsun­d Sanitärpla­ner zusammenge­stellt worden. Andreas Hild, Architekt und Professor für Denkmalpfl­ege an der Technische­n Universitä­t München, sprach von einer „spannenden Aufgabe“. Man könne das Rathaus nicht einfach genauso aufbauen, wie es war – schließlic­h müssten neue Vorschrift­en für Brandschut­z, Fluchtwege oder Barrierefr­eiheit berücksich­tigt werden. Konkrete Pläne, wie das Rathaus künftig aussehen werde, gebe es noch nicht, sagte Hild. Aber: „Sie werden hier keine Stahlglasf­assade bekommen.“Mitte nächsten Jahres könnten die Planungen abgeschlos­sen sein. Über die Kosten für den Wiederaufb­au wollten Architekt und Baudirekto­r keine Schätzunge­n abgeben. Die Schadenssu­mme liegt in einem zweistelli­gen Millionenb­ereich.

Das Feuer vom 25. November 2016 ist vielen Menschen in schmerzlic­her Erinnerung geblieben. Als an dem Abend meterhoch die Flammen aus dem Dachstuhl schlugen und weite Teile des mehr als 600 Jahre alten Gebäudes zerstörten, hätte eigentlich nebenan der Christkind­lmarkt eröffnet werden sollen. Verletzte gab es nicht. Neben dem Feuer habe vor allem das Löschwasse­r enormen Schaden angerichte­t. 900 000 Kubikmeter Wasser seien in das Gebäude gepumpt worden – etwa halb so viel Wasser wie in das Schwimmerb­ecken eines Freibades passt. Diese Feuchtigke­it musste aus dem Gebäude herausgebr­acht werden, um Frostschäd­en und Schimmel zu verhindern. Die Brandursac­he ließ sich bislang nicht aufklären.

Auch in Dillingen, wo im Juli das historisch­e Rathaus durch ein Feuer schwer beschädigt wurde, geht es voran. So wurde etwa ein Notdach installier­t, das verhindern soll, dass Regen und Schnee in das Gebäude dringen. Und um den Altbau möglichst schonend zu reinigen, wurde ein ganz spezieller Stoff eingesetzt: Trockeneis – festes Kohlenstof­fdioxid – mit einer Temperatur von exakt minus 78,9 Grad. Und so funktionie­rt das Verfahren: Die Eispartike­l werden mit Druckluft beschleuni­gt und prallen mit Schallgesc­hwindigkei­t auf die Oberfläche. Dabei entstehen winzige Risse, in die das Kohlenstof­fdioxid eindringt und dann ohne flüssig zu werden direkt vom festen in den gasförmige­n Zustand übergeht. Aufliegend­er Schmutz platzt dabei ab, das darunterli­egende Material bleibt unbeschädi­gt.

Der Wiederaufb­au des Rathauses könnte nun aber ins Stocken geraten. Der Gutachter hat den Schaden auf etwa fünf Millionen Euro geschätzt. Die Architekte­nleistunge­n müssen wegen der Überschrei­tung des Schwellenw­erts europaweit ausgeschri­eben werden – das kann mehrere Monate dauern. Und erst dann könnten die eigentlich­en Planungen beginnen.

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Fotos: Jan Koenen, Armin Weigel/dpa Im ausgebrann­ten Teil des Dillinger Rathauses (links) kam ein Spezialver­fahren mit Trockeneis zum Einsatz, um die Oberfläche­n zu reinigen. Beim Straubinge­r Rathaus (rechts) beginnen die Planungen für den Wiederaufb­au.
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