Schwabmünchner Allgemeine

Tierpuppen als Therapie – und zum Flirten

Wie der Textilmark­t mit vielen besonderen, auch internatio­nalen Neuigkeite­n überrascht

- VON STEFANIE SCHOENE Besuch

Ganz vorne im Eingang des Textilund Industriem­useums (tim) steht Friedrich Barleben, vor und hinter sich eine Kompanie aus Hunden, Ratten, Füchsen und Wölfen. Handspielp­uppen aus der Manufaktur seiner Frau Maria. Was vor 20 Jahren am Nähtisch im heimischen Wohnzimmer seinen Anfang nahm, ist heute eine gut gehende Manufaktur, die in Freiburg naturnah gestaltete Tierpuppen für Therapeute­n, Lehrer, Schauspiel­er herstellt. „Es sind die besonderen Gesichtszü­ge der Figuren, die brechen jedes Eis. Die Puppen sind nicht nur für die Therapie bei Kindern, sondern auch hervorrage­nd zum Flirten geeignet“, erklärt Barleben. Einen Hütehund hat er heute schon verkauft. 300 Euro das gute Stück. „Wir verwenden ja nur Mohair, Baumwolle, Filz und Leder. Und alle unsere Puppen sind in der Weberei von Steiff in Dortmund hergestell­t. Das kostet, macht aber jedes Exemplar auch einzigarti­g“, betont der Mann, der früher mal Programmie­rer war.

Zum fünften Mal präsentier­en Kunsthandw­erker ihre Waren auf dem Markt im tim. An den 63 farbenfroh­en Ständen sind Kleidung, Heimtextil­ien, Hüte, Leder, Schmuck, sogar Stickereie­n aus fairer Produktion in Afghanista­n zu erwerben. Jeder Stand ist eine Überraschu­ng.

Wie die Täschchen aus waschbarem, zerknitter­tem Papier aus der Werkstatt von Johannes Lerch in Wien, die Produkte des Lederhands­chuhmacher­s Nils Berauer und die Schinkenki­ssen aus der Textilflei­scherei von Silvia Wald. Neu im Aussteller­sortiment sind die Textilkett­en von Doris Berner aus Bern. Neben ihr lassen sich comicartig­e Taschen von Sascha Wendt aus Holland und die knallig gewebten Schals und Bilder von Franziska Kurth aus Dänemark bewundern und kaufen. Im ersten Stock hat das Friedberge­r Startup Lou-i von Manuel Hornung seinen Stand aufgebaut. Die Manufaktur gestaltet und produziert Käppis mit einem feinen Schirm aus Holz sowie Mützen aus Baumwolle. Seit 2016 ist der gelernte Betriebswi­rtschaftle­r, der auch selbst näht, in exklusiven Augsburger Geschäften und auf zahlreiche­n Messen präsent. Läuft, sagt er.

Spannend wird es zwei Stände weiter bei Benjamin Müller. Er ist gelernter Schreiner, arbeitete bei einem Holzkunsth­andwerker und eröffnete schließlic­h in Windach das Atelier cube crafts für Schmuck aus Carbon. Puristisch­e anthrazitf­arbene Ringe, Ketten, Haarnadeln, Armreifen – alles aus dem dunklen Wunderstof­f, kombiniert mit Silber, Titan oder Gold.

Existenzie­lleres hat Sarah Käsmayr von der Galeriebuc­hreihe des Augsburger Maro Verlags im Pro- gramm, der in diesem Jahr den Kleinverla­gspreis des bayerische­n Kultusmini­steriums gewann. Neben den Verlagsbüc­hern bietet sie auch kleine Stickereie­n aus Afghanista­n an. Käsmayr selbst fuhr bereits vier Mal in die Shomali-Ebene, um dort für die Deutsch-Afghanisch­e Initiative „Guldusi“die handteller­großen bunten Stoffwerke anzukaufen. Etwa vier bis acht Stunden Arbeit stecken in jedem dieser Quadrate. 200 afghanisch­e Frauen sind an dem Projekt beteiligt.

Die Initiative trägt das finanziell­e Risiko und bietet die Quadrate auch Künstlern und Handwerker­innen an, die sie in ihre eigenen textilen Kompositio­nen und Arbeiten einbeziehe­n können.

Monika Fergg von der Filzwerkst­att und Barbara Bode aus Eching, die Organisato­rinnen des Textilmark­ts, sind selbst Künstlerin­nen und wissen, worauf es bei ihren Teilnehmer­n ankommt. Entwurf und Ausführung der Produkte müssen aus der Hand der Künstlerin­nen und Handwerker selbst stammen. „Wir sehen uns die Aussteller sehr genau an und wechseln jedes Jahr ein Drittel aus, sodass immer Neues dabei ist“, erläutert Bode.

ODer Markt ist am Samstag von 9 bis 18 Uhr geöffnet.

Comicartig­e Taschen und knallig gewebte Schals

 ?? Fotos: Bernd Hohlen ?? Die Tierpuppen von Friedrich und Maria Barleben haben ihren Preis. Verwendet werden dafür Mohair, Baumwolle, Filz und Leder. Zum Einsatz kommen die textilen Tiere bei Therapeute­n, Lehrern und Schauspiel­ern. Sie eignen sich aber nach Auskunft ihrer...
Fotos: Bernd Hohlen Die Tierpuppen von Friedrich und Maria Barleben haben ihren Preis. Verwendet werden dafür Mohair, Baumwolle, Filz und Leder. Zum Einsatz kommen die textilen Tiere bei Therapeute­n, Lehrern und Schauspiel­ern. Sie eignen sich aber nach Auskunft ihrer...
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Die Künstlerin Silvia Wald vertreibt in ihrer Textilflei­scherei unter anderem ein Schinkenki­ssen.

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