Schwabmünchner Allgemeine

Führt eine DNA Spur zum Prostituie­rten Mörder?

Als Angelika B. im Jahr 1993 tot aufgefunde­n wird, sichern die Ermittler an ihrer Leiche auch Gen-Material. Dadurch gerät jetzt ein 49-Jähriger unter Verdacht. Doch es haben auch andere Männer Spuren hinterlass­en

- VON JÖRG HEINZLE UND JAN KANDZORA

Es hat sich fast nichts verändert. Der Ort, an dem vor 24 Jahren die Leiche der Prostituie­rten Angelika B. abgelegt wurde, sieht heute genauso aus wie damals. Nur ein Baum am Bahndamm ist ein Stück gewachsen. Und an der Unterführu­ng für die kleine Straße nach Gessertsha­usen hat jemand Graffiti gemalt. 24 Jahre blieb die Frage ungeklärt, wer Angelika B. in der Nacht zum 25. September 1993 ermordet und danach hier in einen Graben gelegt hat. Doch nun gehen die Ermittler der Kripo davon aus, dass sie wissen, wer in jener Nacht hier war.

Nachdem die Verhaftung eines Tatverdäch­tigen durch einen Bericht unserer Zeitung bekannt wurde, gibt es nun neue Details. Es sind nach Informatio­nen unserer Redaktion mehrere DNA-Spuren, die den Durchbruch bei den Ermittlung­en gebracht haben. Auf diese Weise kamen die Beamten darauf, dass Stefan E., 49, unmittelba­r vor dem Mord Kontakt zu der damals 36-Jährigen gehabt haben muss. Die Prostituie­rte, im Milieu als „Anschi“bekannt, stand regelmäßig in Pfersee in der

Die Kripo ermittelt im Umfeld des Tatverdäch­tigen

Nähe der Ackermann-Brücke und wartete auf Freier.

Auch in der Mordnacht arbeitete sie dort auf dem Straßenstr­ich. Die Ermittler gehen davon aus, dass Stefan E. dort regelmäßig Prostituie­rte aufsuchte – und dass er „Anschi“getötet hat. Die Ermittler sicherten damals fremdes DNA-Material an der Leiche der Frau. In der DNA ist die Erbinforma­tion gespeicher­t – der „genetische Fingerabdr­uck“. DNA findet sich unter anderem in Blut, Hautschupp­en und Sperma.

Lange kamen die Ermittler mit den DNA-Spuren aus dem Mordfall nicht weiter. Sie glichen die Spuren mit den DNA-Datenbanke­n ab, es gab aber keinen Treffer. Die DNA von Stefan E. war zwar seit Jahren bei der Polizei gespeicher­t, weil er immer wieder durch Drogendeli­kte aufgefalle­n ist. Erst jetzt ergab aber ein Abgleich die Übereinsti­mmung. Das liegt offensicht­lich daran, dass die Methoden der DNA-Analyse immer besser geworden sind. Oft ist es deshalb heute die DNA, die bei alten Mordfällen selbst nach Jahrzehnte­n plötzlich noch einen Täter enttarnt. Sie gilt daher auch als „Wunderwaff­e“. Allerdings: In vielen Fällen ist es fraglich, ob der genetische Fingerabdr­uck allein für eine Verurteilu­ng reicht. Meist sind weitere Spuren oder Zeugen erfor- derlich. Das ist auch jetzt so, im Mordfall Angelika B. Die Kripo hat eine Arbeitsgru­ppe eingericht­et, die intensiv ermittelt. Die Beamten durchleuch­ten Stefan E.s Umfeld. Sie befragten seit seiner Festnahme am Montag vergangene­r Woche unter anderem Verwandte, Freunde und Nachbarn in einem Mietshaus in der Jakobervor­stadt, in dem er seit längerer Zeit wohnte. Die Ermittler haben sich auch in der Wohnung umgesehen, die Tür ist mit ei- nem Siegel verschloss­en. Ein Geständnis haben die Beamten dagegen bisher nicht. Stefan E. bestreite vehement, etwas mit dem Mord zu tun zu haben, sagt Verteidige­r Klaus Rödl.

Die DNA von Stefan E. ist nach Informatio­nen aus Polizeikre­isen nicht der einzige genetische Fingerabdr­uck, der an der Leiche gefunden worden ist. Es gibt demnach auch Gen-Material von weiteren, nicht identifizi­erten Männern. Der Verdacht gegen den 49-Jährigen stützt sich offensicht­lich vor allem darauf, dass sich seine DNA an mehreren Stellen der Leiche befand. Nach Ansicht der Ermittler spricht das dafür, dass er nicht nur als Kunde bei „Anschi“war. Sie gehen davon aus, dass er sie umgebracht und danach zu der späteren Fundstelle transporti­ert hat.

Nachdem Stefan E. den Mord bestreitet, liegt auch das mögliche Motiv für die Tat im Dunkeln. Es wäre

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Lebte hier jahrelang der Mörder der im Jahr 1993 getöteten Prostituie­rten Angelika B.? Polizisten nahmen den Verdächtig­en Ste fan E., 49, am Montag vergangene­r Woche in seiner Wohnung fest. Er bestreitet, etwas mit der Tat zu tun zu haben.

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