Ein Volk von Mathe Muffeln
Brüche, Dreisatz, Prozentrechnen: Was jeder können sollte
Die Mathematik hat ein Problem: Ihr Image ist schlecht. „In Deutschland ist es cool, wenn man sagt, dass man Mathe in der Schule nicht konnte“, sagt MathematikProfessor Christian Hesse von der Universität Stuttgart. „Damit kann man punkten.“Gerd Gigerenzer vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung spricht gar von einem „Volk von Zahlenblinden“.
Zugleich werden wir immer häufiger mit Daten und Statistiken konfrontiert – und auch Mathe-Skeptiker vertrauen auf Dinge, die sie nicht verstehen: kompliziert errechnete Kryptowährungen, Algorithmen bei Partnerbörsen im Internet oder in den sozialen Netzwerken. „Es ist wichtig, dass man dafür ein Verständnis hat“, sagt Hesse. Die negative Grundhaltung gegenüber der Mathematik sei ein ziemlich deutsches Phänomen. „In Frankreich und skandinavischen Ländern ist das anders.“Dort werde Mathematik als große Kulturleistung angesehen. Mathematik ist für viele Schüler ein Albtraum – und doch eine wichtige Grundlage unseres Lebens. Für den Alltag reiche der Stoff der 8. Klasse, findet Hesse: Bruch rechnen, Dreisatz und Prozent rechnung, für ihn die„ Königs disziplin“der Alltags mathematik. „Wenn man Wahrscheinlichkeit saussagenv erstehen will, braucht man aber mehr.“Man müsse verstehen, wie der Banker dazu kommt, eine Geldanlage zu empfehlen, oder wie Chancen und Risiken einer medizinischen Behandlung gegeneinander abzuwägen sind.
Hesse sieht vor allem die Schulen in der Pflicht. Grundschülern mache Mathe Spaß, weil alles aufgehe, sagt er. Später werde es dann abstrakter, Kinder spürten das Unbehagen ihrer Eltern. Kein Wunder: Viele Erwachsene greifen schon bei einfachen Kopf rechenaufgaben zum Taschenrechner.