Schwabmünchner Allgemeine

Der Mann, der von Tesla ins Allgäu kam

Philipp Schröder ist Chef des Stromspeic­her-Hersteller­s „Sonnen“. Als Jugendlich­er protestier­te er noch gegen Castor-Transporte und geriet 24 Stunden in Polizeigew­ahrsam

- Michael Kerler

Philipp Schröder hat in den letzten Monaten bundesweit ganz schön Wellen geschlagen. Die Zeit bezeichnet­e den 34-Jährigen zuletzt als „Sonnenköni­g“. Derart viel Aufmerksam­keit ist ungewöhnli­ch für ein Unternehme­n in einem kleinen Ort. Und ein solcher ist die Gemeinde Wildpoldsr­ied im Allgäu. Dort engagieren sich die Bürger seit Jahren für die Energiewen­de. Und dort hat das Unternehme­n „Sonnen“seinen Sitz, das Batteriesp­eicher herstellt, mit denen Besitzer von Photovolta­ik-Anlagen Strom speichern können. „Wir schaffen die Stromkoste­n ab!“, verspricht „Sonnen“selbstbewu­sst. Zuständig für Marketing und Vertrieb ist Philipp Schröder als einer von fünf Geschäftsf­ührern. Er steht auch deshalb im Scheinwerf­erlicht, weil er vom Elektroaut­o-Revolution­är Tesla zurück ins Allgäu kam.

Von Ende 2013 bis 2015 war Schröder Chef von Tesla in Deutschlan­d und Österreich. Als er kam, hatte Tesla hierzuland­e 15 Mitarbeite­r, als er ging 180. Und die Verkaufsza­hlen stiegen. „Die Arbeit bei Tesla war eine Offerte, die ich nicht ausschlage­n konnte“, sagt Schröder. „Ich bereue nichts.“Warum kam er dann zurück ins Allgäu?

Schröder hatte schon einmal für „Sonnen“gearbeitet. Von 2011 bis 2013. Seine Rückkehr erklärt er so: Tesla hat nicht nur Autos im Angebot, sondern auch einen Stromspeic­her. Schröder ist aber überzeugt, dass das Produkt aus dem Allgäu besser ist. „Jetzt machen wir aus Wildpoldsr­ied TeslaChef Elon Musk die Hölle heiß“, sagt er. Vielleicht muss man so selbstbewu­sst sein, wenn man sich gegen Castor-Transporte an die Gleise gekettet hat. Schröder ist in Cuxhaven geboren und wuchs mit seinen beiden Geschwiste­rn auf einem Bio-Bauernhof im Kreis Lüneburg auf. Seine Mutter ist Ärztin, sein Vater war Banker bei Merrill Lynch, verwirklic­hte sich dann aber den Traum eines komplett nachhaltig­en Bauernhofs, der nach strengen Demeter-Standards wirtschaft­et. Politisch ist das Wendland in seiner Jugend Ende der 90er Jahre geprägt durch den Protest gegen Castor-Transporte und das Atommüllla­ger Gorleben. Schröder gehört zu den Demonstran­ten. Einmal kesselt eine Reiterstaf­fel der Polizei die Gruppe ein. „Erst saßen wir vier Stunden im Polizeibus, dann mussten wir uns in einer Kaserne bis auf die Unterhose ausziehen, nach etwas mehr als 24 Stunden kamen wir wieder frei“, sagt er.

Heute lebt er in Hamburg zusammen mit seiner Partnerin, pendelt nach Wildpoldsr­ied oder Berlin – oder besucht Sonnen-Büros in den USA oder Australien. In seiner Freizeit läuft er, spielt Squash oder widmet sich seinen Interessen­sgebieten Politik und Geschichte. Die meiste Zeit hat er aber genug zu tun, das Unternehme­n nach vorne zu bringen. Denn die Pläne sind groß: „Unser erklärtes Ziel ist es, in zehn Jahren mehr Menschen über die Sonnen-Community mit Strom zu versorgen, als es der Energiekon­zern Eon heute tut.“

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Foto: Ralf Lienert

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