Schau mir in die Augen, Kätzchen
Einst war die Wildkatze in Bayern ausgerottet, dank des Einsatzes von Naturschützern werden die Tiere hier langsam wieder heimisch. Doch die Suche nach ihnen ist schwierig
Gönnen Sie sich eine Pause im hektischen Advent! Zum Durchschnaufen, Nachdenken, sich freuen. Wir haben hinter den Türchen unseres Adventskalenders keine kleinen Geschenke versteckt, sondern ein paar Gedanken darüber, worüber wir so richtig froh sind – mal heiter, mal besinnlich.
Im Advent geht es um Wärme. Um Wärme, die nichts mit Temperaturen zu tun hat. Es ist vielmehr ein Gefühl, das unser Herz wärmt. Mit der Familie Schlittschuhlaufen gehen oder durch den verschneiten Wald spazieren, das macht einfach glücklich. Aber trotzdem: Je frostiger es wird, je mehr Flocken fallen und je länger die Eiszapfen am Garagendach werden, desto mehr freut man sich auch über ganz handfeste Wärme. Die Socken können nicht dick genug sein, am Abend legt man sich mit einer Wärmflasche aufs Sofa und der Schal, den man sich beim Bummel über den Weihnachtsmarkt in mehreren Windungen um den Hals schlingt, hat die Länge einer Boa constrictor. Ich bin auch noch über etwas anderes froh: Ein warmes Handtuch, morgens, nachdem man sich müde und ein wenig fröstelnd unter die heiße Dusche gestellt hat. Wunderbar, sich dann mit dem am Handtuchwärmer auf Kuscheltemperatur gebrachten Tuch abzutrocknen. Schon schön, so ein warmer Winter.
Stephanie Sartor
Am Freitagabend war es wieder so weit: Das Nürnberger Christkind eröffnete einen der ältesten Weihnachtsmärkte in Deutschland. 185 Buden laden zum Essen und Einkaufen ein. Bis Heiligabend werden mindestens zwei Millionen Besucher erwartet.
Wieder nichts! Nur ein Fuchs. Ein Reh. Und ein Hase. Hubert Dorste ist enttäuscht. Acht Wochen lang ist der Förster regelmäßig in den Wald im Anhauser Tal gegangen. Immer zur selben Stelle, an der er einen Holzpflock in den Boden gerammt, ihn mit Baldrian eingerieben und daneben eine Kamera aufgestellt hatte. Alles mit dem Ziel, endlich eine Wildkatze zu fotografieren. Doch daraus wurde nichts. Zwar löste die auf Bewegungen programmierte Kamera einige Male aus. Zu sehen bekam Förster Dorste bei der Durchsicht der Bilder aber nur Füchse, Rehe und allerlei Vögel.
„Natürlich war ich da ein Stück weit enttäuscht“, erklärt der Leiter des Forstbetriebs Zusmarshausen (Landkreis Augsburg). Denn dass in „seinem“Wald die einst ausgestorbenen Wildkatzen heute wieder heimisch sind, davon ist Dorste überzeugt. „Das Anhauser Tal ist von der Größe und der Vegetation her für Wildkatzen ideal“, sagt er. Zweimal, in den Jahren 2013 und 2015, hat er bereits mithilfe der oben beschriebenen Stöcke die scheuen Waldbewohner angelockt und durch Spuren von Haaren nachgewiesen. 2016 startete Dorste dann seinen Versuch mit der Kamera – der fehlschlug. „Ich überlege, ob ich es nächstes Jahr wieder probiere“, erzählt der Förster. Am besten geeignet wären dafür die Wochen im Februar und März, der sogenannten Ranzzeit der Tiere. Dann entfalte die Anziehungskraft des Baldrians bei den paarungswilligen Tieren die größte Wirkung.
Die Suche nach Wildkatzen ist nicht nur für Dorste ein großes Thema. Bayernweit sind seit einigen Jahren Förster, Umweltschützer und Interessierte den seltenen Vierbeinern auf der Spur, die bis in die 1980er Jahre nach vielen Jahrzehnten der Bejagung hierzulande als ausgerottet galten. Nachdem der Bund Naturschutz (BN) ab 1984 im Spessart über Jahre hinweg rund 600 Wildkatzen ausgesetzt hatte, wurden 2013 und 2015 große Suchaktionen gestartet, um zu überprüfen, was mit den Tieren geschehen ist. Vielerorts wurden daraufhin Wildkatzen gesehen, Spuren von ihnen gefunden, hunderte Fellproben in Labors überprüft. Die Erkenntnis der Naturschützer: Die Wildkatze ist vor allem in Nordbayern wieder heimisch, in Schwaben streifen of- fenbar nur einige wenige der Tiere durch die Wälder. „Es sieht so aus, als wäre die Donau eine Art Grenze“, sagt Ulrike Geise vom BN.
Auch dieses Jahr machten sich wieder hunderte Ehrenamtliche auf die Suche nach den Tieren. Mit Erfolg, wie Geise und weitere Vertreter des Bund Naturschutz am Freitag in Nürnberg freudig verkündeten. In mehreren Landkreisen, in denen bislang noch keine Wildkatzen gesichtet wurden, waren Anfang des Jahres 235 der sogenannten Lockstöcke aufgestellt worden. Das Ergebnis: An 23 Stellen wurden Haare von Wildkatzen gefunden. In den Kreisen Miltenberg, Würzburg und Schweinfurt wurden die Vorfahren der heutigen Hauskatzen erstmals nachgewiesen. Wie ein „Sechser im Lotto“sei der Fund einer Katze in der Rhön gewesen, die zwei Jahre zuvor 40 Kilometer entfernt schon einmal ihre Spuren hinterlassen hatte. In Deggendorf und im Oberallgäu blieb die Suche dagegen erfolglos. Dort hätten sich die Tiere entweder noch nicht angesiedelt oder es seien zu wenige, um sie innerhalb weniger Wochen zu finden. Die Naturschützer schätzen, dass bayernweit etwa 700 Wildkatzen leben. Vor zwei Jahren war Forstminister Helmut Brunner noch von etwa 600 ausgegangen. „Die Population ist aber noch zu gering, um von einer dauerhaften Sicherung der Wildkatze auszugehen“, sagte BN-Chef Hubert Weiger. Dies werde noch Jahrzehnte dauern. Wie viele Wildkatzen in Schwaben heimisch sind, ist unklar. Fest steht, dass in den vergangenen Jahren an 19 Orten Spuren von Wildkatzen entdeckt wurden.