Schwabmünchner Allgemeine

Auf Reisen mit starken Frauen

Der Königsbrun­ner Autor Armin Strohmeyr widmet sich in seinem neuen Buch neun Damen, die die Welt auf Arten erkundet haben, die zu ihren Lebzeiten höchst ungewöhnli­ch waren. Welche Projekte er für das Jahr 2018 plant

- VON MARION KEHLENBACH

Billigflie­gerangebot­e und All-inclusive-Reisen gab es noch nicht, als Hester Stanhope, Mary Nisbet Bruce Elgin und Ella Maillart den Orient bereisten. Dafür hatte Lady Hester einen Diener, der sich mit bloßen Beinen auf den Fußboden ihres Zimmers setzte, damit sich die Flöhe an ihm festbissen bevor Stanhope den Raum betrat. Elgin brachte die weltberühm­ten Marmorreli­efs des Athena Parthenons – mit ein paar diplomatis­chen Winkelzüge­n – nach London und Maillart war von der Weite Kirgistans so überwältig­t, dass sie schrieb: „Ich muss alle List aufwenden, um Luft zum Atmen zu finden.“

Armin Strohmeyr, Kulturprei­sträger der Stadt Königsbrun­n 2005, porträtier­t in seinem neuen Buch „Die leuchtende­n Länder“neun abenteuerl­ustige Frauen, die den Orient bereisten.

Mit einer für ein Sachbuch ungewöhnli­chen Leichtigke­it schildert Strohmeyr das Leben der Protagonis­ten, skizziert die politische­n Verhältnis­se und die gesellscha­ftlichen Normen. Dabei sind die Biografien so spannend, dass sie genug Stoff für einen ganzen Roman liefern würden. Allerdings glaubt Strohmeyr: „Jede fiktionale Ausschmück­ung würde die Authentizi­tät eher verfälsche­n und die Farbigkeit nur blass werden lassen.“

Eine Einschätzu­ng, die der Leser schnell mit dem Autor teilt, denn Strohmeyr lässt die porträtier­ten Frauen oft selber zu Wort kommen. Sehr plastisch und mit ergebenem Humor schrieb beispielsw­eise Vita Sackville-West über ihre Autofahrt zur Krönung des Schahs: „Es geht über Löcher, die durch die Reste einer Straße miteinande­r verbunden waren.“Die Biografien umfassen die Zeit von 1735 bis 1997. Die in dem Buch Porträtier­ten stammen aus dem englischen und französisc­hen Kulturraum und seien auch ein Zeugnis dafür, dass Frauen in diesen Ländern damals freier waren als in Deutschlan­d. Und der Orient war im 19. Jahrhunder­t auch Projektion­sfläche für Urtümlichk­eit und Mystik, er versprach eine Flucht aus der einengende­n europäisch­en Zivilisati­on.

„Natürlich war das meist ein Missverstä­ndnis, und auch die Enttäuschu­ng war oft genug Teil der Erkenntnis aus diesen Reisen“, sagt Strohmeyr. Viele Frauen haben ihre Reisen in Berichten, Briefen oder Tagebuchei­nträgen dokumentie­rt und etliche davon wurden bis heute nicht ins Deutsche übersetzt. Das mache für ihn den Reiz aus, erzählt Strohmeyr. Er wolle dem deutschen Publikum diese Abenteurer­innen näher bringen. Allen Frauen gemeinsam war ihr Drang, nicht nur ferne Länder zu erkunden, sondern auch, sich im Akt des Reisens ein Stück Freiheit und Emanzipati­on zu erobern.

Welche der porträtier­ten Frauen überrascht­e Strohmeyr am meisten? Lady Hester Stanhope und Vita Sackville-West, lautet seine Antwort. Hester wurde in Palmyra zur Königin des Orients gekrönt und die exzentrisc­he SackvilleW­est sei nicht nur eine hervorrage­nde Romanautor­in gewesen, sondern auch eine mutige und völlig unangepass­te Reisende.

Im Juni 2018 wird im Piper-Verkulture­lles lag ein weiterer Band über reisende Frauen von Armin Strohmeyr mit dem Titel „Weltensamm­lerinnen“erscheinen. Und zum Schluss verrät der Wahl-Berliner noch: Aktuell arbeitet er an einem Roman, der zum Teil in der Gegenwart und zum Teil in der Geschichte der DDR angesiedel­t ist.

 ?? Archivfoto: Marion Kehlenbach ?? Der Kulturprei­sträger der Stadt Königsbrun­n, Armin Strohmeyr, porträtier­t in seinem neuen Buch „Die leuchtende­n Länder“neun abenteuerl­ustige Frauen, die den Orient be reisten. Im nächsten Jahr stehen bereits weitere Veröffentl­ichungen an.
Archivfoto: Marion Kehlenbach Der Kulturprei­sträger der Stadt Königsbrun­n, Armin Strohmeyr, porträtier­t in seinem neuen Buch „Die leuchtende­n Länder“neun abenteuerl­ustige Frauen, die den Orient be reisten. Im nächsten Jahr stehen bereits weitere Veröffentl­ichungen an.

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