Großes Theater ohne Großes Haus
André Bückers Visionen für Augsburg
Wann ist Theater politisch? André Bücker, seit September Augsburger Theaterintendant, sagt: „Sobald der Lappen hochgeht.“Denn zwischen Bühne und Publikum rauscht Kommunikation, egal, welches Genre oder welches Stück gespielt wird. „Und dieser Austausch zwischen Akteuren und Zuschauerinnen ist für sich bereits politisch“, erklärt Bücker bei seinem Vortrag als Gastredner des Uni-Lehrstuhls für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft. Sein Thema: „Visionen für das Stadttheater Augsburg“.
Bücker steht für einen erweiterten Kunstbegriff, wie er seit den 1990er Jahren diskutiert und entwickelt wird: Kunst ist nicht nur, was am Ende zu sehen und zu hören ist, sondern der Weg dorthin. Also auch die Stückauswahl, die Suche nach Regisseuren, die Recherche nach außergewöhnlichen Bühnen, die – wie der aktuelle Lechhauser „Tatort“– mitten drin im Stadtgeschehen sein sollen. „Großes Theater geht auch ohne Großes Haus“, bringt Bücker sein Konzept auf den Punkt. „Wir experimentieren. Das Theater, das in fünf, sechs Jahren ins Haus zurückkehrt, muss ein anderes sein.“
Inhaltlich trägt die aktuelle Spielzeit bereits Züge der Öffnung. Nicht nur beim Tatort, auch beim „Fugger-Musical“auf der Freilichtbühne werden die Augsburg-Bezüge klar. „Ich weiß, Fugger ist nicht sexy. Aber er hat die Stadt bis heute geprägt wie kaum jemand anderes“, so der Intendant. Statt Blockbuster wie „Hair“und „Jesus Christ“also Emotionen rund um den Banker Jakob Fugger. Die ersten Ergebnisse des Komponisten seien vielversprechend, urteilt Bücker.
An der Öffnung feilt auch die Theaterpädagogik. Zwei Fachfrauen entwickeln jetzt mit „Plan A“die Kontakte zu freien Theatergruppen, Künstlern sowie Kirchen- und Moscheegemeinden. Ihm geht es, sagt Bücker ganz ohne Pathos, um hochwertige Kunst, aber – nach Friedrich Schiller – auch um Werte. Dann also: Hoch die Lappen!