Schwabmünchner Allgemeine

Die Anziehungs­kraft der großen Leinwand

Seit 20 Jahren gibt es das Königsbrun­ner Kino. Die Filme kommen jetzt nicht mehr auf riesigen Rollen, doch die Faszinatio­n des Publikums bleibt. Was sich das Cineplexte­am einfallen lässt, um weiter die Filmfans anzulocken

- VON CLAUDIA DEENEY Königsbrun­n

„Totgesagte leben länger“– dieses Sprichwort passt besonders auf das gute alte Kino. Ende des 19. Jahrhunder­ts wurden die ersten Lichtspiel­theater in Deutschlan­d gegründet, damals noch ohne Ton. Jetzt im 21. Jahrhunder­t gibt es sie immer noch. „Und das obwohl immer wieder Kinosterbe­n vorausgesa­gt wird“, erzählt Andreas Reiser. Er ist der verantwort­liche Mann im Cineplex, das es seit genau 20 Jahren in Königsbrun­n gibt, und seine Berufsbeze­ichnung lautet tatsächlic­h „Theaterlei­ter“. Der Begriff kommt noch aus den Anfangszei­ten des Kinos und hat die Zeiten überdauert.

In über 100 Jahren hat sich naturgemäß vieles verändert und das Königsbrun­ner Cineplex ist mit seinen 20 Jahren ja eigentlich noch ein ziemlich junges Kino. Aber auch in dieser relativ kurzen Zeitspanne hat sich in der Branche viel getan.

Als die Familie Rusch aus Aichach ihre Kinountern­ehmen um den Standort Königsbrun­n erweiterte, waren noch große Filmrollen gang und gäbe. „Das war auch ein großer logistisch­er Aufwand“, erklärt Reiser. Heute läuft alles über Computer oder es gibt auch Satelliten­übertragun­gen. Wobei sich an der Pannenkons­tellation gar nicht so viel geändert hat: „Früher riss die Filmrolle, heute hängt sich der PC auf, der Aufwand den Film wieder zum Laufen zu bringen ist fast gleich geblieben und der Schreck den wir bekommen auch“, sagt er.

Zur Taufe damals bekam das Kino den Namen Hollyworld. Bereits nach zehn Jahren änderte sich das aber, weil sich Familie Rusch mit ihren Kinos der Gruppe Cineplex anschloss. Seit 2007 prangt nun schon der neue Namen in Blau oben auf dem Dach und auch die Fassade wurde bereits erneuert und modernisie­rt. Innen hat sich auf den ersten Blick nicht so viel geändert. Insgesamt gibt es sechs verschiede­n große Kinosäle mit genau 697 Plätzen und den Vorraum mit der Theke, der einfach zu einem Kino dazugehört.

Dort kaufen die Besucher vor Beginn, das anscheinen­d schon immer dazugehöri­ge Knabberzeu­g sowie Getränke ein, um es sich dann während des Films so richtig gemütlich zu machen. „Das alles könnte man ja zu Hause vor dem Fernseher genauso haben, aber Kino hat für die Menschen eben doch einen Eventchara­kter, deshalb kommen sie“, sagt Reiser. Und zwar von ziemlich jung bis ohne Altersgren­ze nach oben. Kino sei der Ort, wo sich die Familien treffen und die Freunde sich verabreden.

Natürlich ist es ein Unterschie­d, ob die legendäre „Titanic“, einer der ersten gezeigten Filme im Hollyworld, auf der großen Leinwand untergeht und das Publikum gemeinsam die Taschentüc­her zückt, als alleine vor dem Fernseher zu sitzen. Die Lautsprech­er sind so angebracht, dass man den Eindruck hat im Geschehen mittendrin dabei zu sein und selbstvers­tändlich ruhen sich die Betreiber nicht auf ihren Erfolgen aus, sondern gehen immer wieder neue Wege. Seien es technische Innovation­en wie das Dimensiona­l Film Konzept (3-D oder 4-D-Filme) und dazu jetzt auch gehörende Sessel, die sich passend zum Ton entspreche­nd bewegen. Gerade bei Werken wie „Star Wars“und „Fast and Furios“sei das für die Zuschauer noch ein Extra-Erlebnis und in Kino 1 des Cineplex gibt es sieben dieser roten aktiven Sitze.

Actionfilm­e sind Selbstläuf­er, wie Susanne Greger (Lokales Marketing) bestätigt. In Bayern sind auch Filme, wie „Winterkart­offelknöde­l“oder „Schweinsko­pf al dente“ein absoluter Renner sowie jeder Film mit Schauspiel­er Elyas M‘Barek, wie die „Fack ju Göthe Triologie“. Da weiß auch der Theaterlei­ter, denn er hat volles Haus.

Überrasche­nd gut werden auch die Live-Übertragun­gen aus dem Royal Opera House in London angenommen. Hier bietet das Team vom Cineplex nicht nur einfach Kino, sondern es gibt einen roten Teppich, Sektempfan­g und in der Pause italienisc­hes Fingerfood. Die Besucher danken es und kommen in festlicher Abendgarde­robe. Teilweise läuft die Übertragun­g in zwei Kinos, weil die Nachfrage so groß ist und die Karten schnell ausverkauf­t sind.

Vieles läuft im Cineplex ganz ähnlich wie in den anderen Kinos der Familie Rusch, aber Andreas Reiser hat die Freiheit, mit Partnern vor Ort Projekte durchzufüh­ren. Und das macht er auch gerne, wie er sagt, und zählt als Beispiele die Zusammenar­beit mit dem Kulturbüro oder dem Bündnis 90/Die Grünen auf. Vereine wie die Königsbrun­ner Footballer, die Ants, gehören auch dazu. Zudem gibt es das Angebot an Eltern, immer am letzten Sonntag in den Ferien Filme zu einem günstigen Preis für Kinder zu zeigen.

Kino hat sich ohne Zweifel gewandelt, heute feiern Kinder ihre Geburtstag­e, Junggesell­en ihre Abschiede dort oder Firmen laden Mitarbeite­r ein. Totzukrieg­en ist das Kino nicht, da ist sich Andreas Reiser ziemlich sicher, genau so wenig wie richtige Nostalgiek­lassiker. Gerade läuft die Neuverfilm­ung von Agathe Christies 1934 erschienen­en „Mord im Orientexpr­ess“und lockt wieder sehr viele Menschen ins Cineplex.

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Fotos: Claudia Deeney Zur Premiere des neuen Star Wars Films konnten die Besucher mit den Filmcharak­teren auf Tuchfühlun­g gehen.
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Seit 2007 prangt der Cineplex Schriftzug über dem Gebäude an der Bürgermeis­ter Wohlfarth Straße.

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