Das Ende einer Back Tradition
Die Bäckerei Bauer in Inningen hat nach 114 Jahren an Heiligabend zum letzten Mal geöffnet. Der Chef hört aus Altersgründen auf und freut sich auf den ersten Urlaub seit 1999
Die Botschaft ist klar und eindeutig: „Am Schluss ist wichtig, dass alle zufrieden sind – die Kunden, die Mitarbeiter, die Nachfolger und ich“, sagt Walter Bauer mit Nachdruck. Das mit dem Schluss ist wörtlich zu nehmen. Am Heiligen Abend sperrt der Bäckermeister zum letzten Mal die Tür seiner Bäckerei in Inningen zu. Es ist das Ende einer Institution in Augsburgs südlichstem Stadtteil – nach 114 Jahren und in der vierten Generation.
Es seien nicht in erster Linie wirtschaftliche Probleme, die ihn zum Aufhören veranlasst hätten. „Aber körperlich geht es einfach nicht mehr. Außerdem kann meine Frau seit zwei Jahren nicht mehr mitarbeiten und ein handwerklicher Betrieb wie meiner braucht einfach zwei Chefs aus der Familie“, begründet Bauer seinen Entschluss. Er hat ihn mit einem lachendem und einem weinenden Auge getroffen. Natürlich hängt sein Herz an dem Familienbetrieb, in dem er vor 51 Jahren als Lehrling begann.
In den kommenden Jahren müsste er allerdings erheblich investieren, nur um behördliche Auflagen zu erfüllen. Allein ein neues Kassensystem für das Hauptgeschäft und zwei Filialen würde eine stolze fünfstellige Summe kosten. „Das muss ich mir mit meinen 65 Jahren nicht mehr antun“, hat er entschieden.
Also sorgte er dafür, dass alle zufrieden sind. Mit der Haunstetter Bäckerei Rager übernehme ein renommierter Handwerksbetrieb das Inninger Ladengeschäft, sodass die Kunden weiterhin traditionell gefertigte Backwaren kaufen können. Auch für die Filialen am Hohen Weg beim Dom und in Bobingen sind Nachmieter gefunden. Die meisten seiner Mitarbeiter werden vom Nachfolger übernommen, einige gehen in den Ruhestand. Sein Bäcker, den er selber ausgebildet hat, überlegt, ob er im Ausland Erfahrungen sammeln möchte. Doch auch Bauer selber ist zufrieden und träumt schon heute davon, mit seiner Frau Rita endlich einmal unbeschwert in den Urlaub fahren zu können – erstmals seit dem Jahr 1999. Backen wird er weiterhin, allerdings nur in der heimischen Küche. „Da lassen schon meine sechs Enkel nicht locker“, erzählt Bauer lächelnd. Ob er dabei auch seine weithin berühmten Nusshörnchen in den Ofen schieben wird, weiß er noch nicht. Auf deren Rezept ist er stolz, denn sie werden seit Jahrzehnten nach dem gleichen, selbst entwickelten Familienrezept gebacken.
Trotz der ungünstigen Arbeitszeiten in der Backstube hat sich Bauer auch im Dorf engagiert. Er war 40 Jahre aktiv bei der freiwilligen Feuerwehr, davon 20 Jahre als Kommandant. Seine Kameraden werden ihm auch helfen, gleich nach den Feiertagen den Laden auszuräumen, denn der Nachfolger wird zu Jahresbeginn mit dem Umbau anfangen. So wird die Wursttheke verschwinden und stattdessen das kleine Café ausgeweitet.
Am Sonntag, dem letzten Verkaufstag, will sich Walter Bauer von seinen Kunden persönlich verabschieden – mit etwas Besonderem: „Jetzt gerade gibt es überall Glühwein. Ich schenke lieber heißen Cidre (französischer Apfelwein) aus. Der schmeckt einfach besser.“