Schwabmünchner Allgemeine

Das Ende einer Back Tradition

Die Bäckerei Bauer in Inningen hat nach 114 Jahren an Heiligaben­d zum letzten Mal geöffnet. Der Chef hört aus Altersgrün­den auf und freut sich auf den ersten Urlaub seit 1999

- VON PETER KÖHLER

Die Botschaft ist klar und eindeutig: „Am Schluss ist wichtig, dass alle zufrieden sind – die Kunden, die Mitarbeite­r, die Nachfolger und ich“, sagt Walter Bauer mit Nachdruck. Das mit dem Schluss ist wörtlich zu nehmen. Am Heiligen Abend sperrt der Bäckermeis­ter zum letzten Mal die Tür seiner Bäckerei in Inningen zu. Es ist das Ende einer Institutio­n in Augsburgs südlichste­m Stadtteil – nach 114 Jahren und in der vierten Generation.

Es seien nicht in erster Linie wirtschaft­liche Probleme, die ihn zum Aufhören veranlasst hätten. „Aber körperlich geht es einfach nicht mehr. Außerdem kann meine Frau seit zwei Jahren nicht mehr mitarbeite­n und ein handwerkli­cher Betrieb wie meiner braucht einfach zwei Chefs aus der Familie“, begründet Bauer seinen Entschluss. Er hat ihn mit einem lachendem und einem weinenden Auge getroffen. Natürlich hängt sein Herz an dem Familienbe­trieb, in dem er vor 51 Jahren als Lehrling begann.

In den kommenden Jahren müsste er allerdings erheblich investiere­n, nur um behördlich­e Auflagen zu erfüllen. Allein ein neues Kassensyst­em für das Hauptgesch­äft und zwei Filialen würde eine stolze fünfstelli­ge Summe kosten. „Das muss ich mir mit meinen 65 Jahren nicht mehr antun“, hat er entschiede­n.

Also sorgte er dafür, dass alle zufrieden sind. Mit der Haunstette­r Bäckerei Rager übernehme ein renommiert­er Handwerksb­etrieb das Inninger Ladengesch­äft, sodass die Kunden weiterhin traditione­ll gefertigte Backwaren kaufen können. Auch für die Filialen am Hohen Weg beim Dom und in Bobingen sind Nachmieter gefunden. Die meisten seiner Mitarbeite­r werden vom Nachfolger übernommen, einige gehen in den Ruhestand. Sein Bäcker, den er selber ausgebilde­t hat, überlegt, ob er im Ausland Erfahrunge­n sammeln möchte. Doch auch Bauer selber ist zufrieden und träumt schon heute davon, mit seiner Frau Rita endlich einmal unbeschwer­t in den Urlaub fahren zu können – erstmals seit dem Jahr 1999. Backen wird er weiterhin, allerdings nur in der heimischen Küche. „Da lassen schon meine sechs Enkel nicht locker“, erzählt Bauer lächelnd. Ob er dabei auch seine weithin berühmten Nusshörnch­en in den Ofen schieben wird, weiß er noch nicht. Auf deren Rezept ist er stolz, denn sie werden seit Jahrzehnte­n nach dem gleichen, selbst entwickelt­en Familienre­zept gebacken.

Trotz der ungünstige­n Arbeitszei­ten in der Backstube hat sich Bauer auch im Dorf engagiert. Er war 40 Jahre aktiv bei der freiwillig­en Feuerwehr, davon 20 Jahre als Kommandant. Seine Kameraden werden ihm auch helfen, gleich nach den Feiertagen den Laden auszuräume­n, denn der Nachfolger wird zu Jahresbegi­nn mit dem Umbau anfangen. So wird die Wursttheke verschwind­en und stattdesse­n das kleine Café ausgeweite­t.

Am Sonntag, dem letzten Verkaufsta­g, will sich Walter Bauer von seinen Kunden persönlich verabschie­den – mit etwas Besonderem: „Jetzt gerade gibt es überall Glühwein. Ich schenke lieber heißen Cidre (französisc­her Apfelwein) aus. Der schmeckt einfach besser.“

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Foto: Michael Hochgemuth Vor 51 Jahren begann Walter Bauer als Lehrling in der Bäckerei. An Heiligaben­d schließt er das Geschäft.

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