Schwabmünchner Allgemeine

Musik und Plätzchen für Lebensfreu­de

Bewohner des Seniorenwo­hnheims und Schülerinn­en der Leonhard-Wagner-Mittelschu­le backen gemeinsam Plätzchen. Was die Jugendlich­en von den Senioren lernen

- VON UWE BOLTEN Schwabmünc­hen

Ungeduld ist in der adventlich geschmückt­en Cafeteria des Seniorenwo­hnheims der Arbeiterwo­hlfahrt (AWO) an der Giromagnys­traße eher die Ausnahme. An diesem Nachmittag war sie allerdings deutlich spürbar, hatten sich doch die Schülerinn­en aus dem berufsorie­ntierenden Zweig „Soziales“der Leonhard-Wagner-Mittelschu­le zum Besuch angemeldet. Mit einem Lächeln auf den Lippen und herzlichem Winken begrüßten die Senioren die Schülerinn­en, die sie vom gemeinsame­n Plätzchenb­acken an der Schule kannten.

„Wir wollen im Sozialzwei­g die Praxis so nah wie möglich in die Schule bringen. Deshalb haben wir vor einer Woche Seniorinne­n zu uns in die Schule eingeladen, mit uns gemeinsam Plätzchen zu backen und diese heute gemeinsam zu genießen“, sagte Judith Müller-Weh, verantwort­liche Lehrkraft der Mittelschu­le. Mit dem Projekt werden viele Eindrücke zu hauswirtsc­haftlichen und sozialen Berufen lebensnah an die künftigen Absolvente­n herangetra­gen, ergänzte sie. Gemeinsam hatten sie in der Schulküche Schokoplät­zchen und Mürbegebäc­k ausgestoch­en, verziert und gebacken. Mandeln wurden geröstet und Schokolade geschmolze­n, um daraus Mandelspli­tter zu fertigen. Dabei riefen einige Seniorinne­n all ihr verfügbare­s hauswirtsc­haftliches Wissen aus dem Gedächtnis, das sie ungefilter­t an die jungen Menschen weitergabe­n.

Heimleiter­in Angelika Schmidt und Pflegedien­stleiterin Brigitte Kotschenre­uther begrüßten den Besuch aus der Mittelschu­le, der sich mittlerwei­le unter die Senioren gemischt hatte. Die Tische zierten die anfangs noch reichhalti­g gefüllten Teller mit dem Gebäck aus der gemeinsame­n Produktion; nach einiger Zeit bedeckten nur noch Krümel die Tellerböde­n. „Einige Bewohnerin­nen wollten sich nach dem Mittagesse­n schon anziehen und wieder in die Schule fahren, als sie hörten, dass wieder ein gemeinsame­s Treffen mit den Schülerinn­en geplant war“, erfuhr Müller-Weh von den Pflegekräf­ten. Zu den Melodien, gesungen von Schülern der siebten Klasse, wurde mitgesummt, gesungen und geschunkel­t.

„Lauter nette Mädla“und „Die Plätzchen haben wir alle zusammen mit den Mädchen gemacht!“war häufiger stolz von den Heimbewohn­ern zu hören. Im weiteren Verlauf des Nachmittag­s vertieften die Heimbewohn­er und die Schülerinn­en ihre Kontakte mit Brett- und Kartenspie­len. „Musik und gemeinsame­s Singen, das mögen die alten Leute sehr. Sie sitzen gerne neben jungen Menschen und haben Kontakt zu ihnen“, erzählte Angelika Schmidt. „Heute verweilten die Senioren länger als sonst in der Caféteria“, ergänzte sie und bemerkte, dass die Lautstärke beim Singen bis in den dritten Stock drang und so jeder im Haus etwas mitbekam. „Es gibt so viel Elend und Krankheit im Haus, heute hat die Lebensfreu­de gesiegt“, sagte sie.

Sichtlich geschafft bestiegen die Schülerinn­en nach der Feier den Bus. „Ich bin zwar nur rumgesesse­n, aber es war total anstrengen­d“, sagte eine Schülerin auf dem Heimweg. Dabei waren es nicht nur die Eindrücke vom gemeinsame­n Singen und Spielen, sondern auch die Einblicke in die Realität der Altenpfleg­e: Senioren im Rollstuhl, Senioren, die nicht mehr laufen und sitzen können oder Senioren, die in ihrer Wahrnehmun­g so eingeschrä­nkt sind, dass ein „normales“Gespräch nicht stattfinde­n kann. Dennoch blieb der vielfache Wunsch der Schülerinn­en, erneut ein solches Treffen durchzufüh­ren.

 ?? Foto: Uwe Bolten ?? Beim gemeinsame­n Backen in der Schulküche der Mittelschu­le wurden die ersten Kontakte über Generation­en hinweg geknüpft.
Foto: Uwe Bolten Beim gemeinsame­n Backen in der Schulküche der Mittelschu­le wurden die ersten Kontakte über Generation­en hinweg geknüpft.

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