Von oben herab
Fliegen können, sich erhebend, von oben auf die Welt schauen – ein alter Menschheitstraum. Der Himmel als erhabener Ort, über allem schweben dürfen und mit solch majestätischem Blick das Gewusel auf Erden ins Auge fassen. Städte, Wälder, Felder von oben sehen! Unser Auge da droben wie ein funkelnder Stern in der Luft… Schaut auf Dächer, Köpfe, Kronen, Muster. Das können wir schon lange: herabsehen von Aussichtstürmen, Bergen und Hochhäusern, aus den ovalen Fenstern des Urlaubsfliegers. Doch was inzwischen möglich ist, das entzaubert den Himmelsblick, macht ihn zu einem technischen Spielchen. Name: Drohne.
Drohnen sind fliegende Kameras, die sich – wie alles elektronische Zeug – binnen weniger Jahre extrem weiterentwickelt haben. Gott sieht alles? Heute kann jedes Kind so eine sehende Heuschrecke starten und runtergucken lassen. Das Objektiv der fliegenden Kamera ist unser hochgeschossenes Auge. Längst schwirren diese Drohnen überall herum, um Bilder von der Welt zu machen, die wir hier unten nur ahnen können. Es gibt Wettbewerbe, die nur Drohnengeknipse küren – und die Begeisterung und das Staunen über diese Luftbilder sind verständlich. Denn in einer total abfotografierten Welt auf gewöhnlicher Augenhöhe, in einem durch Millionen Fotos täglich immer neu ausgeleuchteten Erdgeschoss hier unten ist die Gier nach frischen, unverbrauchten Perspektiven groß.
Das Koordinatensystem der Wahrnehmung verschiebt sich mit den Drohnen. Aber der Himmel, in dem zwischen Vögeln immer mehr Kameras herumglotzen (was sie hier unten schon exzessiv tun), verliert: Unerreichbarkeit, Unwägbarkeit. Was kriegen wir dafür? Ferne nicht. Sondern Masse und Verblüffung, die Welt aus der Höhe, hochauflöslich, scharf wie die Gerichte auf Tellern, die abfotografiert werden von oben.