Was Augsburg im neuen Jahr beschäftigen wird
Würde man die rund 300 000 Augsburger fragen, was Ihnen im neuen Jahr für ihr Leben in der Stadt wichtig ist, man bekäme wohl 300 000 Antworten. Wo also Prioritäten setzen, wenn man an den Schaltstellen sitzt und Augsburg voranbringen möchte? Oberbürgermeister Kurt Gribl nannte im Gespräch mit unserer Zeitung zuletzt zwei Punkte: die Schaffung von Wohnraum und die einer Verkehrs-Infrastruktur, die einer wachsenden Kommune gerecht wird.
Beides ist schwierig. Neue Wohnungen entstehen nicht annähernd so schnell, wie man sie verkaufen oder vermieten könnte. Und der Verkehr? Staut sich an manchen Tagen in der Stadt schon jetzt schier unerträglich, die Suche nach Parkplätzen nervt Auswärtige wie Einheimische gleichermaßen. All diese Probleme verschärfen sich, weil die Stadt wächst. Dafür Lösungen zu finden, wird Aufgabe mehrerer Jahre sein. Deshalb ist es richtig, beides offensiv anzugehen.
Auch die Baustellen Hauptbahnhof und Theater treiben viele um – vor allem wegen der hohen Summen, die die Stadt investiert. Während der Bahnhofsumbau derzeit fast geräuschlos läuft, geht es beim Theater in diesem Jahr richtig los. Die Stadtregierung hat hier einiges gutzumachen, denn zunächst lief die Kommunikation nicht so transparent, wie sie sollte. Kultur- und Baureferat scheinen aus den anfänglichen Fehlern städtischer Informationspolitik (die zu einem Bürgerbegehren führten) noch nicht ausreichend gelernt zu haben. Andernfalls hätten sie die Nachricht von der zeitlichen Verzögerung beim Gaskessel-Umbau nicht so lange unter Verschluss gehalten.
Auch ein anderes Thema wurde in den vergangenen Jahren oft diskutiert: der Umgang Augsburgs mit alter Bausubstanz. Gebäude wie das Hohe Meer, die Komödie, das Gärtnerhaus im Martinipark machen diese Stadt für viele Menschen lebenswert. Sie geben Augsburg ein eigenes Gesicht und heben es aus der Konformität deutscher Großstädte heraus. Doch Politikern scheint dies oft weniger wichtig als den Bürgern. Beispiele aus jüngster Vergangenheit sind der Verkauf des ehemaligen Stadtarchivs an der Fuggerstraße sowie die Zugeständnisse, die die Politik an den Investor der ehemaligen Komödie gemacht hat – gegen den Rat der Münchner Denkmalschutzbehörde. Warum diese Entscheidungen so fielen? Es mag Gründe geben, auch wenn sie einmal mehr nicht genannt wurden. Doch eine Stadt, die sich leichtfertig von historischer Substanz trennt, die zulässt, dass sie abgerissen wird oder verfällt, droht ihre Identität zu verlieren.
Einen Beitrag zur Stärkung dieser Identität könnte die Bewerbung um den Welterbe-Titel leisten. Diesen Februar wird Augsburg sie bei der Unesco abgegeben, in spätestens einem Jahr dürfte dann bekannt sein, ob es geklappt hat. Für Augsburg wäre das großartig. Die Metropole hätte ein Alleinstellungsmerkmal, das sie nicht nur vom Umland, sondern auch vom großen Nachbarn München abheben würde. Und sie hätte eine Verpflichtung, dieses Erbe zu erhalten.