Zeit, ein paar große Fragen zu klären
Die Stadt Königsbrunn muss sich Schritt für Schritt neu erfinden – eine gewaltige Aufgabe mit vielen Hindernissen. Mit mehr Zeit für gute Diskussionen kann 2018 auch ein Jahr für gute Entscheidungen werden
Zum Jahreswechsel ist Zeit für Rückblicke und Vorschauen. Ein ereignisreiches Jahr liegt hinter Königsbrunn. Die Feierlichkeiten zum Stadtjubiläum, der Zusammenbruch der Wasserversorgung zum Gautschauftakt, die Halbzeitbilanz der Wahlperiode und das endgültige Ende der Königstherme bestimmten die Schlagzeilen in der Brunnenstadt. Stadträte und Bürgermeister sahen sich immer wieder Vorwürfen ausgesetzt, in der Stadt gehe nichts voran.
Diese Vorhaltungen sind nicht ganz richtig, in den vergangenen Jahren ist durchaus einiges geschehen. Seit der letzten Kommunalwahl wurde das Kapital der GWG verdoppelt, sodass eine große Zahl neuer Wohnungen mit bezahlbaren Mieten geschaffen und nächstes Jahr bezogen werden können. Die Unterbringung der Asylbewerber hat die Stadt mithilfe vieler ehrenamtlicher Helfer sehr gut gemeistert. Nach Jahrzehnten schier endloser Diskussionen bekommt Königsbrunn den Anschluss ans Straßenbahnnetz. Und nicht zuletzt geht die Stadt nun die Sanierungen ihrer Schulgebäude an, die in großen Teilen dringend nötig sind. Mit dieser Bilanz kann sich die Stadtpolitik durchaus sehen lassen.
Ganz falsch sind die Vorhaltungen aber auch nicht. Denn die offenen Baustellen sind nach wie vor zahlreich. Das ist Fakt, auch wenn die Stadtpolitik nicht an allen Problemen sofort etwas ändern kann. Die schönste Planung für die Rathauswiese nutzt nichts, wenn die nötigen Grundstücke nicht zur Verfügung stehen, weil sie der Besitzer nicht verkaufen möchte.
Das Problem ist, dass alle Themen stark miteinander verflochten sind. Einfache Entscheidungen gibt es kaum, weil jeder Entschluss verschiedene andere Themengebiete beeinflusst. Ein Beispiel ist die Frage, ob das Hin&Mit-Gebäude an der Föllstraße wieder belebt wird. Doch stellt sich die Stadt mit einer Erlaubnis eventuell ein Bein, weil ein neuer Laden im Norden die Entwicklung im Zentrum behindert? Und was hieße das dann für einen immer noch schwelenden Streit um eine Ansiedlung eines Globus-Marktes an der Augsburger Straße? Um derlei Knoten zu lösen, braucht es Zeit für Grundsatzdiskussionen.
Bürgermeister Franz Feigl tut gut daran, im neuen Jahr schnell mehr Sitzungen des Bauausschusses anzusetzen, wie es im Hauptausschuss besprochen wurde. Denn es braucht zügig Entscheidungen – unter anderem über den Umbau der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße, damit wenigstens hier Ideen vom neuen Zentrum umgesetzt werden können. Jede Entscheidung ebnet auch den Weg für weitere und nur so kann der Projektstau, der sich in den vergangenen Jahren angesammelt hat, langsam aufgelöst werden. Wichtig ist dabei aber auch, dass das Ergebnis einer Diskussion Bestand hat. Zuletzt klang bei mehreren Themen Verwunderung durch, dass in der öffentlichen Sitzung anders argumentiert wurde als bei vorherigen Diskussionen. Sollte dies der Fall sein, würde es jeglichen Effekt zusätzlicher Sitzungen konterkarieren und wäre schnellen Fortschritten enorm abträglich.
Offene Fragen gibt es schließlich weiterhin genug. Die Grundlegendste: Wofür soll Königsbrunn in Zukunft stehen, nachdem die Therme schon einige Jahre vor ihrer Schließung ihre Strahlkraft eingebüßt hatte? Davon hängen die Antworten auf alle anderen Fragen ab.
Eine ganz zentrale Rolle für das künftige Bild der Stadt wird die Antwort auf folgende Frage spielen: Was wird aus dem Thermenareal und dem Sportpark West? Hier können die Stadtpolitiker ein großes Stück Zukunft gestalten, ohne auf Grundstückskäufe angewiesen zu sein. Das ist die einzig gute Nachricht am Niedergang des ehemaligen Wahrzeichens Königstherme, über den sich viele Menschen weiterhin ärgern. Doch Stadtrat und Bürgermeister sind die falschen Adressaten für den Ärger. Die Stadt hat Ex-Besitzer Uwe Deyle bei Investitionen unterstützt, als es noch lief. Man hat angeboten, das finanzielle Defizit mitzutragen, als es schwierig wurde. Doch den von Deyle veranschlagten zweistelligen Millionenbetrag in ein 30 Jahre altes Bad zu stecken, das ohne die Schuld der Stadt immer mehr die Anziehungskraft verloren hat, wäre ein unverantwortbares finanzielles Abenteuer gewesen. Eine machbare Nachnutzung hat sich nicht gefunden. Der Abriss ist ein bitterer Schritt, aber leider der einzig logische.
Bürgermeister Feigl hat die vergangenen Jahre als Jahre des Planens bezeichnet. Mit den zusätzlichen
Wofür soll Königsbrunn in Zukunft stehen?
Ausschuss-Sitzungen könnten die Verantwortlichen in der Stadt nun versuchen, 2018 und 2019 zu „Jahren des Abräumens“zu machen, indem sie einige große Punkte abschließen und dadurch zahlreichen anderen den Weg ebnet. Ein Interesse daran sollten alle Parteien haben. Denn die Hauptfrage der Bürger vor der nächsten Wahl wird sein: Wer hat die Stadt am meisten vorangebracht? Und die wird gewöhnlich nicht nur dem Bürgermeister gestellt.