Das soll 2018 bringen
Wir haben in Augsburger Kulturinstitutionen nachgefragt, was in diesem Jahr ansteht. Eine Jubiläums-Ausstellung wird geplant, an einer neuen Spielstätte wird gearbeitet, ach ja: und bitte keine Fliegerbomben mehr
Ein neues Jahr bringt neue Projekte. Wir haben Augsburger Kulturinstitutionen nach ihren Plänen für 2018 gefragt. Unsere Fragen lauteten:
Was ist Ihr wichtigstes Anliegen 2018?
Worauf können Sie 2018 verzichten?
Der Kulturreferent
Thomas Weitzel, Kulturreferent der Stadt Augsburg
Nachdem 2017 der Martini-Park für das Theater fertiggestellt werden konnte, richtet sich nun der Blick auf das Gaswerkareal. Für Sommer 2018 steht der Umzug der Kostümschneiderei vom Stadtarchiv in den Deuter-Park an und zum Ende des Jahres soll das Ofenhaus mit angrenzendem Neubau für das Schauspiel, Ballett und die Werkstätten bezugsfertig sein. Zeitgleich entstehen auf dem Gaswerkareal die ersten Künstlerateliers für freie Kunstschaffende aus dem ehemaligen Kulturpark West. Ein ebenso wichtiges Projekt ist aber die Fortführung der Museumsentwicklungsplanung, mit der wir ein Gesamtkonzept vom notwendigen Depot über den Ausbau der Vermittlungsangebote bis hin zum Raumprogramm des Museumsneubaus eines künftigen Römischen Museums am Predigerberg anstreben.
Aus meiner Sicht ist die Schließung einer kulturellen Institution wie der Staatsgalerie für Moderne Kunst im H2 im Glaspalast bedauerlich. Verzichten kann ich darauf, dass dieses Beispiel Schule macht, denn angesichts sprudelnder Steuereinnahmen ist es schwer nachvollziehbar, warum kulturelle Institutionen oder sog. freiwillige Leistungen zurückgefahren oder gänzlich in Frage gestellt werden. Die Auseinandersetzung mit Moderner Kunst und ihre Vermittlung mittels individueller Konzepte und Ideen ist für eine offene, demokratische Gesellschaft unverzichtbar!
Junges Theater Augsburg
Susanne Reng Theaterleiterin In 2018 feiert das Junge Theater Augsburg sein 20-jähriges Dazu wird es ein großes Fest im September geben. Im Sommer bieten wir zum ersten Mal, zusätzlich zu unserem regulären Spielplan, Freilichttheater für Kinder an. Wir unterstützen die UNESCOWelterbe-Bewerbung der Stadt Augsburg zum Thema „Wasser“mit zwei speziell dafür entwickelten Stücken: „Der widerspenstige Brunnen“wird für alle ab 10 Jahren ab Mai auf dem Holbeinplatz gezeigt, „Der kleine Wasserdrache“wird für alle ab 6 Jahren ab Juli im Siebentischpark zu sehen sein.
Verzichten können wir auf den ersatzlosen Wegfall unserer Probenräume im Kulturpark West, wenn dieser 2019 abgerissen wird. Wir benötigen dringend Ersatzräume für unsere drei Spielclubs, die Ferienprogramme im Rahmen von Tschamp und über 100 weitere Termine für theaterpädagogische Maßnahmen. Pläne für Ersatzräume wurden gemeinsam mit Gerald Fiebig vom Kulturhaus Abraxas ausgearbeitet und der Politik vorgestellt, bis heute ist aber nichts passiert.
Sensemble Theater
Sebastian Seidel Theaterleiter
Das Schöne am Theater ist, dass es keine Grenzen kennt, weder Ober- noch Untergrenzen, sondern immer mit den Menschen aller Nationalitäten stattfindet, die sich für ein Projekt zusammenschließen. Ländergrenzen spielen nur als Hindernisse eine Rolle, die es zu überwinden gilt. In diesem Sinne geht das Sensemble 2018 mit den Stücken „Traumwäscherei“, „Die Puppe“und „Hamlet For You“auf Tournee nach Polen, Tschechien, in die Ukraine, die Türkei und nach Brandenburg. Sogar China ist im Gespräch. Konkreter künstlerischer Austausch ist auch für das 10. Internationale ImprovisationstheaterFestival im Martinipark im August mit Gästen aus Italien und Österreich geplant. Neue Blickwinkel auf altbekannte Probleme sind da garantiert und bereichern alle, die offen für die Vielfalt dieser Welt sind.
Die Freiheit der Kunst und das Recht der freien Meinungsäußerung sind ein hohes Gut und nach Artikel 5 des Grundgesetzes zumindest in Deutschland geschützt. Sie gilt es jederzeit gegenüber jedem national wie international einzufordern und zu verteidigen.
Berufsverband Bildender Künstler
Unser Ziel ist, Raum für Kunstentstehen und Kunsterleben zu bieten. Deshalb werden wir die 70. Große Schwäbische Kunstausstellung in ihrem Jubiläumsjahr mit zahlreichen Aktionen wie einer Kunst-Stadt-Karte mit Kunstparcour, speziellen Begehungen des Kunstortes Stadt und auch mit Diskussionen über das politisch-gesellschaftliche Kunstverständnis erweitern. „Urbane Landschaft“ist der Titel der Ausstellung in der BBK Galerie, die ab April zeigt, welche künstlerischen Ressourcen das Stadtleben bereichern. Junge Künstler zu fördern und in die bestehende Kunstarbeit einzubinden, zählt zu den wichtigsten Zielen unserer Arbeit. Wir bieten Debütanten die Begleitung für eine Förderung durch den Freistaat.
Jede Äußerung des künstlerischen Diskurses ist Ausdruck menschlicher Verfasstheit. In diesem Sinn gibt es keine Wirklichkeit, auf die man verzichten kann. Dennoch kann ich sehr gut auf alles verzichten, was zu einer Einengung des künstlerischen Wirkungs- und Denkraumes führen könnte.
Stadtarchiv
Persönlich wäre es für mich enorm wichtig, wenn es gelingen könnte, endlich eine weltweit tragfähige Lösung zur Abwendung der drohenden Klimakatastrophe zu finden und allen unverantwortlichen Machthabern (ich denke v.a. an Trump und Kim Jong-un) klar zu machen, dass der Einsatz von Atomwaffen das Ende unseres wundervollen Planeten mit rund 8000 Jahren Entwicklung einer zwar mit Höhen und Tiefen versehenen, insgesamt betrachtet aber doch positiv verlaufenden Menschheitsgeschichte bedeutet. Beruflich wünsche ich mir und dem Stadtarchiv nach vielen Reformjahren „mit sehr hoher Taktfrequenz“mehr Zeit für „entschleunigtes“und dadurch wieder konzenBestehen! trierteres Arbeiten – ein Wert, der für eine Kultureinrichtung mit Langzeitwirkung und nachhaltigem „Output“im digitalen Zeitalter immer mehr an Bedeutung verloren hat.
2018 würde ich liebend gerne darauf verzichten, dass uns die Autoindustrie weiter an der Nase herumführen kann und eine für alle bezahlbare E-Mobilität, im Gegensatz zu den technischen Möglichkeiten aufgrund der negativen Auswirkungen unserer nur noch auf Profit bedachten „Lobbyisten-Demokratie“, wieder um mindestens 10 Jahre verschoben worden ist.
Staats und Stadtbibliothek
Als Regionalbibliothek für Augsburg, Bayerisch-Schwaben und Forschungsbibliothek für die Wissensgeschichte der Frühen Neuzeit versorgen wir in erster Linie Bürger, wie Wissenschaftler, mit Literatur. Auf kulturellem Gebiet werden wir die bestehende Zusammenarbeit mit den anderen Institutionen der Stadt weiter ausbauen, ebenso unser internationales Engagement. Zur Europawoche zeigen wir Werke des Augsburger Kupferstechers Joseph Friedrich Leopold (1668 bis 1727). Wir unterstützen die Ausstellung zur Welterbe-Bewerbung Augsburgs mit hochkarätigen Leihgaben. Mit dem Bildungswerk Irsee organisieren wir eine Schau zur Bibliotheksgeschichte dieses ehem. Klosters im Stadtmuseum Kaufbeuren. Am wichtigsten sind mir 2018 zwei Dinge: der Erfolg unserer Ausstellung zum Weihnachtslied „Ihr Kinderlein kommet“, von dem wir das älteste bekannte Autograph des Textes besitzen, und einen weiterhin guten Fortschritt der Planungen der Neu- und Umbaumaßnahme unserer Bibliothek.
Auf einen weiteren Bombenfund in Augsburg kann ich 2018 gerne verzichten.
Mozartbüro
Frage 1: Karl Georg Pfändtner Bibliotheksleiter Man sagt, Erfolge zu errei- chen sei nicht so schwierig, wie Erfolge zu bestätigen. In diesem Sinne möchte ich meine „Premieren“in 2018 gerne bestätigen und weiterentwickeln. Es beginnt direkt Ende Januar mit der zweiten Ausgabe des Augsburger Mozartfeschtles, einem neuen sympathischen Format für die ganze Bevölkerung, das wir sehr lieb gewonnen haben. Dieses Jahr wird es noch etwas wilder, kreativer und ungewöhnlicher und wir wagen uns sprichwörtlich auf hoffentlich nicht zu dünnes Eis. Weiterentwickeln und in den Augsburger Köpfen verankern möchte ich auch meine eigene Handschrift beim Deutschen Mozartfest. Mein Verständnis eines zeitgemäßen Musikfestivals für alle auf allerhöchstem Niveau zu vermitteln, ist mir dabei wichtig.
Ich kann auf Unzufriedenheit und daraus resultierende Missgunst verzichten. Konkurrenzdenken hat für mich in der Kultur nichts zu suchen, viel eher sollte in Zeiten, in denen die Welt aus den Fugen zu geraten scheint, die Freude über das eigene Tun und die Vielfalt im Mittelpunkt stehen.
Kulturhaus abraxas
Gerald Fiebig Leiter des Abraxas
Mein wichtigstes Anliegen 2018 ist das Kindertheaterfest im abraxas, das wir am 17. März, dank der Unterstützung der Stiftung Augsburger Theater Kultur, erstmals durchführen. Es verbindet unsere „Augsburger Kinder- und Jugendtheaterwochen“mit dem Aktionstag „Leben in Kriegshaber“. Neben den Augsburger Kindertheatermacher*innen präsentieren sich im Kulturhaus abraxas an diesem Tag auch die Bubales, das jüdische Puppentheater aus Berlin. Mit diesem „Tag der offenen Tür“bei freiem Eintritt bündelt das Kulturhaus abraxas drei seiner wichtigsten inhaltlichen Schwerpunkte: Kindertheater, Stadtteilkultur und die fortlaufende Kooperation mit dem Jüdischen Kulturmuseum und dessen Dependance in Kriegshaber.
Verzichten kann ich auch 2018 auf den ehemaligen US-Kasernenzaun an der Sommestraße, den wir 2017 entfernt haben. 22 Jahre nach der Eröffnung des abraxas als städtisches Kulturhaus wurde damit die Entmilitarisierung des Grundstücks vervollständigt.