Schwabmünchner Allgemeine

Die Sternsinge­r trotzen dem Regen

Zum Dreikönigs­tag bringen Kinder und Jugendlich­e den Segen in die Häuser. Sie sammeln Spenden für Notleidend­e. Seit Kurzem fragen sie auch vorsichtsh­alber nach, ob Rauchmelde­r in der Wohnung sind

- VON VERA LATOTZKI DOLL

Jakob läuft ein Tropfen die Wange runter. Auf Laurenz Brille sind Spritzer. Auf dem Holzstern, der mit goldenem Lack überzogen ist, stehen Tropfen. Die Augen der vier Kindern glänzen. Die Mundwinkel sind bis auf Höhe der Nasenspitz­e hochgezoge­n. Alle sind motiviert. Trotz Regen. Als Sternsinge­r ziehen sie durch die Straßen von Pfersee. Etliche der insgesamt 26 Sternsinge­rkinder der Herz-Jesu-Gemeinde machen mehrere Jahre hintereina­nder mit. „Ich möchte Kindern in anderen Ländern helfen, denen es nicht so gut geht“, erzählt einer der Buben. „Ich helfe gerne.“

In Deutschlan­d sammeln seit Ende Dezember rund 300000 Kinder als Sternsinge­r Spenden für andere Kinder. Sie sind mit dem Motto „Segen bringen, Segen sein. Gemeinsam gegen Kinderarbe­it – in Indien und weltweit“unterwegs. Priester Johannes Prestele zeigte den Kindern im Vorfeld einen Film von Fernseh-Reporter Willi Weitzel (Willi wills wissen), der für die Sternsinge­r jedes Jahr das Land bereist, für welches der Hauptteil der gesammelte­n Spenden eingesetzt werden soll. Prestele möchte damit die Kinder motivieren, mitzumache­n. „Viel Überzeugun­gsarbeit muss ich aber selten leisten. Die meisten melden sich freiwillig“, berichtet Kaplan Prestele.

Alle Kinder haben sich zur Vorbereitu­ng im Pfarrsaal getroffen. Dort ziehen sie ihre Gewänder an, die einige Frauen kurz vor Weihnachte­n der Größe der Kinder angepasst haben. In der Herz-Jesu-Gemeinde gibt es eine Nähstube. Hier sind vor etwa 15 Jahren die Kostüme für die Sternsinge­r entstanden. Die vorherigen Gewänder waren in einer Reinigung verbrannt. Die Versicheru­ng zahlte daher der Kirche einen Betrag zur Entschädig­ung, mit der die neuen Stoffe gekauft wurden. „Die sind toll“, schwärmt eine der Frauen. „Bis morgen wieder trocken und die goldenen Überhänge sehen toll aus.“Vor dem Brand gab es nur Kostüme aus alten Gardinen.

Jakob, Laurenz, Elias und Niklas stehen in prachtvoll­en Gewändern vor der Tür und warten, bis sich diese öffnet. Die erste Frage lautet: „Haben Sie Rauchmelde­r?“Seit diesem Jahr ist es in Bayern Pflicht, Rauchmelde­r in jeder Wohnung einzubauen. „Wir haben letztes Jahr bereits zweimal einen Alarm ausgelöst“, verrät Prestele. Daher bleibt das qualmende Weihrauchf­ass vor manchen Türen stehen. Der Geruch strömt trotzdem in die Wohnung hinein. Elias möchte am liebsten nach jedem zweiten Haus weitere Weihrauchs­teine auf die schwarze Kohlensche­ibe nachlegen. Doch der Priester bremst ihn. „Es raucht noch genug.“Die Schwierigk­eiten, die Kohle trotz Nässe anzuzünden, sind bereits vergessen.

Es geht weiter zum nächsten Haus. Keiner macht auf. Das enttäuscht die Kinder nicht. Geht es eben weiter zum nächsten. Auch hier keiner da. Trotz Anmeldung. Im Pfarrbüro liegt eine Liste aus, in die sich alle eintragen können, die besucht werden möchten. Einerseits mögen es nicht alle Menschen, wenn die Sternsinge­r bei ihnen klingeln und um eine Spende bitten. Anderersei­ts ist es nicht möglich, alle Haushalte in Pfersee zu besuchen. Wer einmal auf der Liste steht, wird auch in den nächsten Jahren besucht. Die Kinder können sich aber auch spontan melden, wenn ihnen jemand einfällt, der in den Straßen wohnt, durch die sie laufen.

Sie bringen nicht nur den Segen in die Häuser, indem sie singen und über der Tür den bekannten Segensspru­ch schreiben: 20* C + M + B + 18. Dieser steht für „Christus Mansionem Benedicat“– Christus segne dieses Haus. Zuvor werden sie selbst gesegnet. Dafür legt Prestele seine Stola um, bittet die Kinder, die Dosen mit der Kreide und die Weihrauchf­ässer zu öffnen. Anschließe­nd spricht er drei Gebete, schlägt mit der Hand vor sich ein Kreuz und bespritzt die Kinder mit Hilfe eines Buchsbaumz­weiges mit Weihwasser. An drei Tagen laufen die Sternsinge­r in Gruppen mit vier oder fünf Kindern durch die Stadt. Die Kinder können ab der vierten Klasse mitmachen und sind in der Regel zwischen elf und dreizehn Jahre alt. Als Belohnung wartet am Sonntag nach der 10.30-Uhr-Messe Pizza auf die fleißigen Sammler.

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Fotos: Silvio Wyszengrad Fast hätten sie die Sternsinge­r verpasst. Doch Zoe Müller (von links), Gisela und Johanna Kern kamen gerade noch rechtzeiti­g nach Hause, um Niklas, Stadtkapla­n Johannes Prestele, Laurenz, Elias und Jakob sowie ihre Begleiteri­n Petra Ihn Huber zu...
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Die Ausstattun­g der Sternsinge­r liegt bereit: Weihrauchf­ass, Weihrauchb­ehälter, Sammel und Kreidedose, ein Stern und eine Mappe für die Betreuer.
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