Schwabmünchner Allgemeine

Ein Leben zwischen Erfolg und Leid

Chansonnet­te France Gall erliegt mit 70 einer schweren Krankheit. Ihr größter Hit bleibt uns in Erinnerung

- VON BIRGIT HOLZER Paris

Sie war eine jener Persönlich­keiten, die Frankreich­s Kultur und Show-Business über Jahrzehnte hinweg begleitete­n, ihre Kunst den Trends anpassten und immer da waren. Das stimmt nun nicht mehr. Mit 70 Jahren ist die Sängerin France Gall gestorben. Dass sie seit zwei Jahren an Krebs litt, wussten nur wenige. Sie starb in einem Krankenhau­s bei Paris. Ihre größte Zeit erlebte sie 1987, als ihr PopSchlage­r „Ella, elle l’a“erschien.

Das deutschspr­achige Publikum betörte sie mit Chansons wie „Zwei Apfelsinen im Haar“. Zum Star formte sie ihr Vater Robert Gall, der bereits Chansons für Édith Piaf und Charles Aznavour verfasst hatte. Er stand hinter ihrer Entscheidu­ng, mit 15 Jahren die Schule abzubreche­n und als France Gall – ihr echter Vorname lautete Isabelle – erste Lieder aufzunehme­n. Das schäkernde Katz-und-Maus-Spiel zwischen Frauen und Männern war oft Thema ihrer frühen Stücke. Erst später begriff sie, dass sich Liedschrei­ber Serge Gainsbourg einen Spaß aus ihrem unschuldig­en Auftreten machte und Chansons mit erotischen Anspielung­en garnierte. Das galt auch für „Poupée de cire, poupée de son“, mit dem France Gall 1965 für Luxemburg den „Grand Prix Eurovision“gewann, wie auch für „Les Sucettes“, übersetzt „Die Lutscher“. Dass der Text nicht nur auf das Lutschen an süßen Bonbons bezogen werden konnte, führte zum Skandal. Gall schämte sich in Grund und Boden, wie sie später zugab.

In den Sechzigern, der größten Zeit der französisc­hen Popmusik, feierte sie einen Erfolg nach dem anderen. Nach einer Flaute in den 70er Jahren bekamen ihre Karriere und ihr Privatlebe­n neuen Schwung durch die Begegnung mit dem Sänger und Komponist Michel Berger. Er schnitt eingängige Lieder auf ihre zarte, mädchenhaf­te Stimme zu, deren Texte nachdenkli­cher wurden. So gelangen in den 80er Jahren reihenweis­e Hits. Das Paar engagierte sich im Kampf gegen Hunger in Afrika. Ihr Glück schien vollendet mit den Geburten von Tochter Pauline und Sohn Raphaël – bis Gall 1992 ein erster große Schicksals­schlag traf: Mit nur 44 Jahren starb Berger an Herzversag­en. Gall zog sich zurück in ihr Haus im Senegal. Fünf Jahre später erlag ihre Tochter Pauline ihrer Mukoviszid­ose-Erkrankung. Es wurde ruhig um France Gall. 2015 feierte sie ein Comeback mit dem Musical „Résiste“, einer Hommage an Michel Berger – die Liebe ihres Lebens.

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Foto: STR, afp 1965 gewann France Gall den „Grand Prix de Eurovision“.

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