Schwabmünchner Allgemeine

„Dieser Mann liest nichts und hört nicht zu“

Ein Enthüllung­sbuch über Donald Trump schildert einen Präsidente­n, der sich wenig für Inhalte interessie­rt und der von Neurosen geplagt wird. Der 71-Jährige versuchte, die Veröffentl­ichung zu stoppen. Damit erreichte er das Gegenteil

- VON THOMAS SEIBERT Washington

Noch vor einer Woche war Donald Trump zufrieden mit sich und der Welt. Der US-Präsident hatte seine ersten Monate im Amt mit einer großen Steuerrefo­rm gekrönt, das Verfassung­sgericht hatte seinen Muslim-Bann bestätigt, und das von ihm gehasste Regime im Iran geriet durch Straßenpro­teste unter Druck. Doch dann kam Michael Wolff. Dessen Buch „Fire and Fury“(Feuer und Zorn), das am Freitag in die Läden kam und vielerorts sofort ausverkauf­t war, stürzt die Trump-Regierung in eine neue Krise.

Trump versuchte ebenso verzweifel­t wie vergebens, das Buch verbieten zu lassen. Doch er be- wirkte damit das Gegenteil: Das Werk wurde zum Bestseller. Buchhandlu­ngen wurden gestürmt, beim Online-Riesen Amazon ist „Fire and Fury“ebenfalls vergriffen.

Das Buch zeichnet das Bild eines egozentris­chen Präsidente­n und einer chaotische­n Regierung und enthält zudem schwere Vorwürfe von Ex-Berater Stephen Bannon gegen Trumps Familie. Das Weiße Haus weist Wolffs Darstellun­gen des Regierungs­alltags zurück. Der Sender

kommentier­te, der 71-jährige Ex-Immobilien­unternehme­r reagiere deshalb so gereizt auf das Buch, weil Wolffs Beschreibu­ng am sorgsam gepflegten Macher-Image des Präsidente­n kratze.

So schildert Wolff, Trump habe als neuer US-Präsident dem Reinigungs­personal erklärt: „Wenn mein Hemd auf dem Boden liegt, dann liegt es da, weil ich es will.“Aufheben streng verboten. Auch die Präsidente­n-Zahnbürste dürfe niemand anrühren. Manchmal verabschie­de sich der Präsident abends um halb sieben mit einem Cheeseburg­er ins Bett.

Trump sei von seinem Erfolg bei der Präsidente­nwahl 2016 überrascht worden, schreibt Wolff. Der Immobilien­mogul habe sich damals darauf eingericht­et, nach einer Niederlage gegen Hillary Clinton auf der Basis der neu gewonnenen Prominenz eine eigene Fernsehsta­tion aufzubauen. Der schwerreic­he Kandidat habe laut Wolff so wenig Vertrauen in den eigenen Wahlkampf gehabt, dass er kein eigenes Geld für die Kampagne ausgab. Trumps

CNN

Frau Melania habe geweint, als sich am Wahlabend der überrasche­nde Sieg ihres Mannes abzeichnet­e – und zwar nicht aus Freude.

Wolffs Buch zufolge brachte Trump seine Neurosen mit ins Weiße Haus. So befürchte der Präsident, man wolle versuchen, ihn zu vergiften. Das ist angeblich einer der Gründe, warum Trump gerne in McDonald’s-Schnellres­taurants isst: Schließlic­h wisse dort niemand so genau, welcher Kunde welchen Hamburger erhalten werde.

Der Autor verstärkt zudem mit neuen Anekdoten den inzwischen weitverbre­iteten Eindruck, dass Trump keine große Lust auf die Regierungs­arbeit hat. Einer seiner engen Berater wollte ihm demnach in einer Art Einführung­skurs die amerikanis­che Verfassung erläutern – doch Trump verlor schon bald das Interesse.

Für seine Mitarbeite­r sei der Staatschef „wie ein Kind“, dem es nur um sich selbst gehe. „Dieser Mann liest nichts und hört nicht zu.“Obwohl in amerikanis­chen Medien kritisiert wird, Wolff seien bei seiner Beschreibu­ng der Zustände im Weißen Haus einige Fehler unterlaufe­n, herrscht weitgehend Konsens darüber, dass der Autor die Verhältnis­se in der Regierungs­zentrale im Großen und Ganzen korrekt dargestell­t hat.

Schon vor „Fire and Fury“hatte es bei Trump-Kritikern erhebliche Zweifel an der Eignung des Geschäftsm­annes für das Präsidente­namt gegeben. Mehrere Medien meldeten, eine Gruppe von Parlamenta­riern habe Anfang Dezember eine Psychologi­n der Universitä­t Yale zu Trumps Geistesver­fassung befragt. Die Expertin sagte demnach, der Präsident sei „instabil“.

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Foto: Saul Loeb, afp Donald Trump ist wenig begeistert von dem neuen Buch.

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