Paket Chaos in den Innenstädten
Weil mehr Menschen im Internet einkaufen, blockieren Lieferdienste die Stadtzentren. Was die Branche dagegen tun will
Die Mehrheit der Deutschen – 80 Prozent – kauft zumindest gelegentlich im Internet ein. Das geht aus einer Untersuchung des Branchenverbandes Bitkom hervor. Und auch die Händler haben den Internethandel langsam für sich entdeckt: So schreibt der Verband in einem Lagebericht zum Internet-Handel, dass inzwischen jeder zehnte Ladenbesitzer, der neben dem stationären Handel auch einen Online-Shop betreibt, mittlerweile über die Hälfte seines Umsatzes in der digitalen Welt erwirtschaftet. Warum der Online-Handel die deutschen Konsumenten überzeugt? Auch dazu hat der Branchenverband Bitkom eine Umfrage in Auftrag gegeben.
In der Befragung unter Menschen, die im Internet einkaufen, wollte der Branchenverband wissen, was die Vorteile des Online-Handels sind. Das Ergebnis: Kunden schätzen vor allem, dass sie unabhängig von den Öffnungszeiten eines Geschäfts einkaufen können. Das gaben 77 Prozent der Befragten als einen wichtigen Vorteil an. Der zweite große Pluspunkt: Die Ware wird direkt an die Haustür geliefert, sagten drei Viertel der Online-Shopper. Und zwei Drittel der Befragten meinten, der Einkauf im Internet würde ihnen Zeit sparen: keine Parkplatzsuche, kein Schlangestehen an der Kasse.
Was für die Kunden positiv erscheint, setzt derweil noch eine andere Branche als den Handel zunehmend unter Druck: die Logistiker. Denn während die Kunden den Innenstädten fern bleiben, sind dort immer mehr Paketautos unterwegs, die die bestellte Ware zu ihren Kunden bringen. Weil die Innenstädte so immer voller werden, bemühen sich die Logistiker, Lösungen zu finden, diese zu entlasten, sagte der Chef der Bundesvereinigung Logistik (BVL), Robert Blackburn. Und sie machen gleich mehrere Vorschläge, wie das gehen könnte.
Eine Idee: Paketdienste könnten kooperieren, damit weniger Lieferfahrzeuge in die Stadtzentren fahren. Ein zweiter Vorschlag: Es sollte geprüft werden, ob in der Nähe von Ortszentren Lagerhallen gebaut werden können, von denen aus Fahrradkuriere die letzten Meter bis zum Ziel zurücklegen. Auch die Einzelhändler über Nacht zu beliefern statt wie bisher im Laufe des Tages, können sich die Logistiker vorstellen. „Die Logistikbranche arbeitet an solchen Zukunftsmodellen“, sagte Blackburn.
Aus seiner Sicht ist der Internethandel für die Kunden nicht nur bequem, sie hätten auch neue Ansprüche: „Es geht vor allem um Variantenvielfalt und Geschwindigkeit – bis hin zur Belieferung am Tag der Bestellung“, sagte er. Die Paketzustellung mit Drohnen hält der neue BVL-Chef für ein spannendes Thema. Allerdings sei das auf längere Sicht nur für ganz bestimmte Situationen relevant – etwa bei der eiligen Zustellung von Medikamenten oder der Versorgung abgelegener Standorte wie kleiner Inseln oder Gebirgsregionen. „Die meisten Liefervorgänge werden sich weiterhin auf dem Boden abspielen“, prognostizierte Blackburn.