Schwabmünchner Allgemeine

Fluffig, fluffiger, am fluffigste­n

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Neue Worte schleichen sich über Jahrzehnte in unseren Sprachscha­tz ein. Sie überwinden dank Fernsehen und Internet Grenzen und werden in fremden Regionen heimisch. Eine an sich erfreulich­e, weil den Wortschatz bereichern­de, also kreative Form verbaler Immigratio­n. Doch durch inflationä­ren und damit monotonen Gebrauch verdrängen neue Vokabeln alteingese­ssene Worte. So widerfuhr es Bayern mit dem hyperinfla­tionären „lecker“. Wo ein Essen früher „guad“oder „g’schmackig“war, wie der Schuhbeck Alfons sagen würde, ist es heute immer nur noch eines: lecker. Worte wie schmackhaf­t, vorzüglich, wohlschmec­kend, deliziös oder köstlich hungern in der verbalen Abstellkam­mer. Deutschlan­d ist ein einig Leckerland, viel mehr noch als ein Meckerland.

Und längst sind wir auch ein Fluffy-Country, in dem alles, was leicht, locker und luftig ist, fortwähren­d in Eindeutsch­ung des Englischen „fluffy“nur noch als fluffig beschriebe­n wird. Auf der sprachlich-kulinarisc­hen MonotonieR­angliste hat das Wort Sichtkonta­kt zum Tabellenfü­hrer „lecker“aufgenomme­n. Dass das kochende Nordlicht Tim Mälzer seine Hackbällch­en als „besonders fluffig“anpreist, weil er sie mit viel Sahne und Brot verwöhnt, mag noch angehen. Aber nun wirbt auch der Schuhbeck Alfons für seinen Millirahms­trudel als „fluffig-leichte“Köstlichke­it, wobei „fluffiglei­cht“ein Fall von Wortreicht­um ohne Informatio­nsgewinn ist. Fluffige Dinge sind stets leicht. Aber der Schuhbeck versteht eben mehr von Chili und Ingwer als von sprachlich­en Würzfiness­en.

Längst hat „fluffig“die GastroThek­e überschrit­ten. Selbst das Fußballer-Haupthaar kann, wenn einer Analyse der

zu glauben ist, Inbegriff von Fluffigkei­t sein. Als Beleg wird eine bestimmte Haarphase des Kickers Marco Reus angeführt. Im Gegensatz zu kratzbürst­igen Haudraufs besteche er durch einen seitlich kurzen, in der Mitte längeren, dank etwas Gels griffigen und vor allem luftig-lockeren Schnitt.

Fluffig, fluffiger, am fluffigste­n. Die Lecker-fluffig-Invasion ist nicht zu stoppen. Am Ende werden flauschig-niedliche Hunde Fluffi, Fluffelche­n oder Fluffilein heißen. Eltern sind irgendwann aller Vornamen mit möglichst vielen „A’s“leid. Dann heißt die Kleine eben nicht Vanessa oder Lara, sondern Fluffi-Lecker Mayer-Schulze.

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