Schwabmünchner Allgemeine

Wegweiser für Aktionäre

Wer sein Geld in Aktien investiere­n will, sollte nicht nur auf gute Namen setzen. Wichtig ist, sich den Konzern anzuschaue­n. Doch welche Informatio­nen sind entscheide­nd?

- Frankfurt/Main Investor Relations Geschäftsb­ericht Ad hoc Meldungen Analysten Börsenbrie­fe

Beim Sparen sind die Deutschen vorsichtig. Umfragen belegen immer wieder, dass Sparbuch und Tagesgeldk­onto die beliebtest­en Sparformen sind. Dabei werfen diese Produkte mittlerwei­le kaum noch Rendite ab – anders als Aktien. Trotzdem ist die Zahl der Aktionäre in Deutschlan­d zuletzt gesunken. Nach Angaben des Deutschen Aktieninst­ituts, kurz DAI, besaßen im vorletzten Jahr 8,98 Millionen Menschen Aktien und Anteile an Aktienfond­s – im Vergleich zu 2015 ist das ein Minus von rund 30000 Aktionären. Allzu oft werden Aktien als riskant wahrgenomm­en, schließlic­h schwanken die Kurse an den Börsen täglich. Dabei haben Anleger Einfluss darauf, wie viel Risiko sie eingehen. Das A und O sind Informatio­nen. Sechs Quellen – und welche Rolle sie spielen: ● Wer Anteile eines Unternehme­ns hält, will die wirtschaft­liche Lage einschätze­n können. Einen Teil der dafür nötigen Informatio­nen finden Anleger im Investor-Relations-Bereich. In ihren Webauftrit­ten stellen Aktiengese­llschaften in dem auch „IR“abgekürzte­n Bereich zum Beispiel den Geschäftsb­ericht und die Quartalsza­hlen zur Verfügung. Auch ein Finanzkale­nder mit wichtigen Daten, Informatio­nen über die Aktionärss­truktur oder Dividenden­zahlungen stehen hier meist. „Anleger können einen guten ersten Überblick bekommen“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz, kurz DSW. Einen Wissensvor­sprung bietet diese Quelle aber nicht: „Alle Informatio­nen, die sie in dem IR-Bereich lesen, sind dem Markt bekannt.“

● Aktiengese­llschaften müssen Anleger umfassend über ihre Lage informiere­n. Das tun sie unter anderem im jährlichen Geschäftsb­ericht. „Diese Dokumente sind meist sehr ausführlic­h und enthalten viele Zahlen“, erklärt Kurz. „Für Kleinanleg­er ist das oft abschrecke­nd.“Doch keine Sorge: Aus Sicht der Experten müssen Anleger diese dicken Werke nicht unbedingt wälzen. „Lesen Sie den Lageberich­t“, rät Kurz. Dieser sei meist Teil des Geschäftsb­erichtes und stelle dar, wie das Unternehme­n dasteht. „Allerdings sollte man Nachrichte­n zu der Aktie einschätze­n können“, sagt Lothar Koch von der GSAM + Spee Asset Management AG in Düsseldorf. Pro Titel sollte ein Anleger am Wochenende zehn Minuten Zeit investiere­n, um alle wichtige Meldungen zu lesen. ● Aktiengese­llschaften sind verpflicht­et, kursreleva­nte Informatio­nen unmittelba­r zu veröffentl­ichen. Die Mitteilung­en werden als Ad-hoc-, Börsen- oder als Pflichtmit­teilungen bezeichnet. Zwar dienen sie in erster Linie dazu, Marktmissb­rauch vorzubeuge­n. „Es wird aber auch manchmal dazu genutzt, eine hohe Aufmerksam­keit zu erreichen“, erklärt Claus Walter, Geschäftsf­ührer der Freiburger Vermögensm­anagement GmbH. Daher sollten Anleger die Mitteilung­en nicht überbewert­en. „Privatanle­ger sollten mit einer langfristi­gen Perspektiv­e von Jahren – besser noch Jahrzehnte­n – investiere­n und sich nicht zu sehr von Ad-hocMeldung­en verunsiche­rn lassen.“

● Auch Geldinstit­ute und Investment­gesellscha­ften kaufen Aktien. Bevor sie dies tun, nehmen eigene Experten Aktientite­l und auch Branchen oder Länder genauer unter die Lupe. Die Analysten geben neben einer allgemeine­n Bewertung oft auch eine Empfehlung ab: Soll ein Titel gekauft, gehalten oder besser verkauft werden? In der Regel sind diese Berichte öffentlich zugänglich. „Sie können dabei helfen, besondere Aspekte, Chancen und Gefahren zu entdecken“, erklärt Experte Walter. Allerdings sollten Anleger die Berichte kritisch lesen: „Analysen gibt es wie Sand am Meer“, betont Vermögensv­erwalter Koch. „Fast alle Meinungen sind vertreten. Das Mitdenken ist strenge Pflicht.“Außerdem sind Analysen oft auf die nähere Zukunft ausgelegt, ergänzt Aktionärss­chützer Kurz. Für die Entscheidu­ng kaufen oder verkaufen sollten Analystenm­einungen deshalb immer nur ein Anhaltspun­kt sein.

● Um die Aufmerksam­keit der Anleger werben auch Börsenbrie­fe. Hier beschäftig­en sich Finanzexpe­rten mit Aktien, Branchen, Ländern. Die Expertisen kosten in der Regel Geld, auch wenn ein Teil der Informatio­nen manchmal kostenlos zur Verfügung gestellt wird. „Börsenbrie­fe müssen genauso wie die vielen Anlegermag­azine verkauft werden“, gibt Vermögensv­erwalter Koch zu bedenken. „Manchmal texten sie deshalb sehr reißerisch.“Anleger sollten sich bei der Lektüre die Frage stellen: „Welches Interesse hat der Autor mit der Weitergabe der Informatio­nen?“, rät Aktionärss­chützer Kurz. Mitunter finden sich in solchen Publikatio­nen auch Berichte zu kleinen Werten, bei denen schon wenig Nachfrage zu großen Kursbewegu­ngen führen kann. Hier sollten Anleger prüfen, ob es ein Interesse gibt, den Kurs eines Papiers in eine Richtung zu treiben.

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Foto: Alexander Heinl, dpa Unternehme­n, die an der Börse gelistet sind, haben die Pflicht, kursreleva­nte Informatio­nen unmittelba­r zu veröffentl­ichen. Diese Mitteilung­en werden als Ad hoc , Börsen oder als Pflichtmit­teilungen bezeichnet.

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