Fragwürdiges Vorgehen
Es ist oft ein ungleicher Kampf, wenn Mieter im Clinch mit einer Immobilienfirma liegen. Im Fall des Gebäudes in der Ulmer Straße zeigt sich, wie hart die Folgen für Bewohner sein können, die ihre Wohnung nicht verlieren wollen und sich wehren. Das Vorgehen der Immobilienfirma Bavaria ist fragwürdig. Nach jetztigem Stand ist die Kündigung, die von der Firma ausgesprochen wurde, unwirksam, die Frau hat also aktuell jedes Recht, in ihrer Wohnung zu bleiben. Was das Unternehmen trotz aller ungeklärter rechtlicher Fragen nicht davon abhielt, mit ihren Sanierungsplänen fortzufahren und erst mal Gas und Wasser abzustellen.
Dass dahinter auch der Gedanke steckt, einer unliebsamen Mieterin das Dasein so unangenehm wie möglich zu gestalten, liegt nahe, zumal das Unternehmen bereits in der Vergangenheit mit rabiaten Methoden aufgefallen ist. Dass aus einem Mehrparteienhaus ein Gewerbeobjekt werden soll, kommt in der Stadt eher selten vor, aber auch so ist der hiesige Wohnungsmarkt angespannt. Es häufen sich beispielsweise Fälle, in denen alte und sanierungsbedürftige Gebäude aufgehübscht werden – und sich die Bewohner fragen, ob sie sich das Leben dort nach dem Ende der Arbeiten und einer absehbaren Mietsteigerung noch leisten können. Oder wohin sie ziehen sollen. Günstige Wohnungen sind rar.
Die Möglichkeiten der Stadt, Mieter zu schützen, sind nicht unermesslich groß, aber durchaus vorhanden. Sie könnte etwa mithilfe einer Satzung kontrollieren, ob Wohnraum zweckentfremdet, also anders als bisher genutzt werden soll. Bislang hat die Stadt diese Satzung nicht eingeführt. Allzu viele Fälle einer Nutzungsänderung von Wohnraum gebe es nicht, hieß es zuletzt. Das mag sein. Im Fall des Gebäudes in der Ulmer Straße allerdings hätte eine solche Regelung helfen können. Es wird nicht das letzte Beispiel dieser Art bleiben.