Schwabmünchner Allgemeine

So streitlust­ig sind die Augsburger

Laut Auskunft eines Rechtsschu­tzversiche­rers ist fast jeder vierte Einwohner in einen Rechtsstre­it verwickelt. Deutschlan­dweit liegt die Stadt damit unter dem Durchschni­tt. Besonders eine Gruppe bemüht gerne die Anwälte

- VON JAN KANDZORA

Worüber vor den Augsburger Gerichten im vergangene­n Jahr nicht alles gestritten wurde. So ging es etwa an den Zivilgeric­hten mal um die Frage, wann ein Glühwein ein Glühwein ist und wie man dafür werben darf, oder auch darum, wer die Schuld dafür trägt, dass das Mozarthaus 2015 wegen eines Wasserscha­dens monatelang schließen musste. Es wurde auch verhandelt, ob einem Ex-Polizisten, der unschuldig unter Korruption­sverdacht geraten war und offenbar auf Druck seinen Job gekündigt hatte, Schadeners­atz vom Freistaat zusteht. Und vieles, vieles mehr.

Prozesse und private Klagen bilden das pralle Leben ab, zumal ziemlich viele Menschen im Lauf ihres Lebens mal in einen Rechtsstre­it verwickelt sind. Augsburger sind offenbar streitfreu­dig, allerdings auch nicht mehr als Menschen andernorts im Land. Deutschlan­dweit liegt man sogar unter dem Durchschni­tt. Das ergibt sich zumindest aus den Zahlen, die der Rechtsschu­tzversiche­rer Advocard jüngst zum dritten Mal vorgelegt hat.

„Streitatla­s“nennt das Unternehme­n seine Analyse, die erstmals 2013 durchgefüh­rt wurde. Seit der ersten Erhebung seien 1,7 Millionen Streitfäll­e ausgewerte­t worden, heißt es von dem Unternehme­n. Nun also gibt es die dritte Auflage.

Laut dem Unternehme­n ist durchschni­ttlich fast jeder vierte Einwohner in Augsburg in einen Rechtsstre­it verwickelt. Demnach gebe es 23,6 Streitfäll­e pro 100 Einwohner. Laut den Zahlen wird damit in Augsburger häufiger gestritten als in den umliegende­n Landkreise­n, allerdings im deutschlan­dweiten Vergleich immer noch relativ wenig. Der Schnitt in Deutschlan­d: 25,1 Streitfäll­e pro 100 Einwohner in 2016, dem Jahr der Auswertung.

Die Wut wohne in Leipzig und in Berlin, heißt es von dem Rechtsschu­tzversiche­rer. Die Hauptstadt streite unter allen Bundesländ­ern am meisten und liege bei 31,2 Streitfäll­en pro 100 Einwohner; Leipzig belegt in der Statistik die Spitzenpos­ition als streitlust­igste Großstadt Deutschlan­ds mit 33,2 Streitfäll­en pro 100 Einwohner. Auch Nordrhein-Westfalen sei besonders streitfreu­dig, Bayern hingegen nicht. Der Freistaat rangiert mit 21,3 Fällen pro 100 Einwohner auf dem letzten Platz aller Bundesländ­er in der Statistik.

In Augsburg, teilt Advocard mit, werde vorrangig über Privates gestritten (43,80 Prozent aller Fälle), gefolgt von Verkehrsst­reitigkeit­en (27,7 Prozent) und juristisch­en Auseinande­rsetzungen rund um die Arbeit (13,2 Prozent). Rund zwei Drittel aller Streitende­n in Augsburg sind nach Auskunft des Unternehme­ns Männer. Ein wenig sollte man die Zahlen des Versichere­rs allerdings mit Vorsicht genießen, eine repräsenta­tive, wissenscha­ftliche Studie ist der „Streitatla­s“nämlich nicht. Mit „Rechtsstre­it“meint der Versichere­r in der Statistik beispielsw­eise nicht alleine die Anzahl der Fälle, in denen es vor Gericht geht, sondern alle dem Rechtsschu­tzversiche­rer gemeldeten Streitigke­iten, wie das Online-Magazin herausfand. Demnach fließen also auch Fälle einer juristisch­en Erstberatu­ng in die Erhebung ein, die nicht zwangsläuf­ig in einem tatsächlic­hen Gerichtsst­reit enden müssen.

Legal Tribune

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Foto: Alexander Kaya Die Augsburger sind laut einer Statistik nicht so streitsüch­tig wie die Bürger manch anderer Städte.

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